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Neben 62 Zimmern, 11 Kaufmannsgewölben und 2 Pferdeställen wies das Haus auch
eine demonstrative Wasserinfrastruktur auf, die, wie in der »Linzer Zeitung« betont
wurde, der »gute[n] Errichtung der Brunnen« in Neapel ähnele. Das Haus verfügte
über zwei Pumpbrunnen, wovon einer das Wasser bis zum letzten Stockwerke brachte,
was »nebst dem Angenehmen auch den weitern Vortheil [… aufwies], daß an Zeit
und Lohn der Dienstbothen gewonnen wird, und man im Augenblick frisches und
wohlfeiles Wasser erhält«.114
Auch zur Qualität des städtischen Wassers finden sich in den ersten Jahrzehn-
ten des 19. Jahrhunderts erstmals publizistische Überlegungen : Im Schloss gebe es,
so Benedikt Pillwein in den 1820er Jahren, »das reinste und hellste Wasser«,115 ein
Topograph der 1810er Jahre hielt fest, dass das Wasser aus der ständischen Wasserlei-
tung »einen widrigen Geschmack hat, aber ziemlich klar und hell ist«,116 wobei dieses
Wasser etwas später aber auch als »ein Mineralwasser« bezeichnet wurde.117 Dazu in-
tensivierte sich besonders ab den 1820er und 1830er Jahren der Diskurs zum Baden
und zu mit Gesundheit verbundenem Wasser : Ab diesem Zeitpunkt finden sich in der
»Linzer Zeitung« regelmäßig Anzeigen von Solebädern (im Salzkammergut), Heil-
quellen und Kuranstalten außerhalb von Linz,118 im nahen Kirchschlag scheint der
Badebetrieb in den 1830er Jahren stark expandiert zu haben.119 In diesen Jahrzehnten
gewann auch das Kaltwasserbaden in der Donau stark an Bedeutung : Aus der militäri-
schen Schwimmschule beim »Fischer im Gries« (vgl. oben) entwickelte sich ein ziviler
Bade platz, der ab 1822 mit einem Badefloß als »Schwimmanstalt« durch die Landes-
regierung und später den Linzer Magistrat betrieben wurde.120 1846 errichtete man
dort – dem Vorbild anderer österreichischer Städte folgend – ein Bassin und Kabi-
nen.121 Daneben gab es ein Badehaus, das in den 1830er Jahren interessanterweise auf
den Betrieb »mit reinstem Quellwasser« verwies.122 An der östlichen Peripherie der
Stadt, im Spitzfeld (Untere Vorstadt), etablierte ein Gastwirt zur gleichen Zeit eine
»Trink-Kur-Anstalt«, deren »Gartenanlagen« auch zur »Körperbewegung« einluden.123
Am Schullerberg, einem an einem Ausläufer des Freinbergs gelegenen peripheren
Teil der Oberen Vorstadt, konstatierte die Stadt Linz zuerst einen »Wassermangel«. In
114 LZ, 29.7.1803 ; vgl. OÖLA, Neuerwerbungen, HS 74 (»Bau-Rechnung« Kremsmünsterer Haus, 1804),
pag. 243, 292, 299 – 306.
115 Pillwein, Beschreibung, 276.
116 Gielge, Beschreibung, 136.
117 Schultes, Donau-Fahrten, 111.
118 Vgl. LR E7k, Reg. 8566, 8584 u. 8585 u. LR E7m, Reg. 11178, 11189, 11195 u. 11197.
119 Leonhartsberger, Freizeiträume, 101 – 103 ; Pfeffer, Kirchschlag, 31f.
120 LZ/IB, 4.7.1817 ; ebd., 29.5.1820 ; ebd., 22.7.1822 ; Pillwein, Wegweiser, 167 ; Pillwein, Beschreibung,
311f.; Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 85 ; vgl. zu Dresden und Wien : Butenschön, Geschichte,
277 u. Haidvogl et al., Wasser, 292 – 296.
121 Fink, Geschichte, 102 ; vgl. zu Graz : Allgemeine Bauzeitung 6 (1841), 51 – 56.
122 LZ/IB, 17.4.1835 ; Pillwein, Beschreibung, 311f.
123 LZ/IB, 25.4.1831.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364