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und ab 1857 in der Schiffswerft feststellen, aber noch 1863 verzeichnete man erst 5
Dampfmaschinen in Linz und 3 weitere in Urfahr, bis zum Beginn der 1880er Jahre
war deren Zahl hingegen auf über 50 angestiegen.92 Der erste Großverbraucher von
Kohle in Linz war das Gaswerk, das von einem Triester Unternehmen an der östli-
chen Peripherie der Stadt errichtet wurde (vgl. Kap. 7. Geordnete und modifizierte
Umwelt). Das Gaswerk produzierte seit 1858 Leuchtgas, wofür man zunächst noch
Brennholz verwendet hatte. Erst im Sommer 1865 erfolgte der Umstieg auf Kohle,
bis zum Ende der 1870er Jahre war der Jahresverbrauch auf 2.370 Tonnen Steinkohle
und 816 Tonnen Koks angestiegen.93 Die Erzeugung von Elektrizität war ebenso an
die Kohle gebunden : In den 1880er Jahren existierten bereits kleinere elektrische Be-
leuchtungsanlagen, die an Dampfmaschinen angeschlossen waren (beim Bahnhof, in
der Tabakfabrik und in der Spinnerei Zizlau), und ab 1897 gab es an der nordöstlichen
Peripherie der Stadt eine eigene »Elektrische Central Station«, die für den Antrieb der
Straßenbahn und der Pöstlingbergbahn errichtet worden war (vgl. unten), aber auch
Strom an Privatabnehmer lieferte.94
Diese Transitionsphase war von einem langsamen Sinken des Brennholzange-
botes begleitet : 1875 wurden durch die Mühlviertler Holztriften noch insgesamt
44.000 Klafter transportiert, dazu kamen weitere Triften in Oberösterreich, vor allem
auf der Mattig (vgl. oben).95 Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gingen die Brenn-
holzlieferungen aber kontinuierlich zurück, die Trift auf der Großen Mühl, die für
Linz relevant gewesen war, wurde 1900 verlegt und am Ende des Ersten Weltkriegs
gänzlich eingestellt.96 Brennholz kam in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts auch
aus Bayern, oder es wurde mit der Eisenbahn transportiert – ab 1888 verfügte das
Mühlviertel mit der Mühlkreisbahn über eine Anbindung an Urfahr.97 In den letz-
ten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts stellte eindeutig die Eisenbahn die energeti-
sche Basis der Stadt Linz sicher : 1895 verzeichnete das »kk. Bahnbetriebsamt Linz«
238.284 Tonnen an angekommener Fracht, darunter befanden sich 28.503 Tonnen
Steinkohle und 64.984 Tonnen Braunkohle.98 Vergleichsweise gering war zu dieser
Zeit der Beitrag der Donau zur Energieversorgung der Stadt : 1895 waren in Linz
nur 204 Tonnen Holz (vermutlich ist darunter nur Brennholz zu verstehen) und
5.557 Tonnen Kohle angekommen.99
92 Dampfmaschinen, 15 ; Statistischer Bericht 1882, Bd. 2, 298 – 301.
93 Fuchs, Produktion, 109 ; Pfeffer, Fabriksbau, 42 ; Otruba/Kropf, Industrietopographie, 108f.; Imhof, Gas-
werk, 58 u. 61 ; Lackner/Stadler, Fabriken, 54, 469, 489 u. 523 ; Statistischer Bericht 1882, Bd. 2, 275.
94 Lackner/Stadler, Fabriken, 430 ; Rafetseder, Variationen, 422 – 426 ; Kreuzer, Stadtumbau, 522f. u. 530 ;
vgl. Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 154, 159 u. 210 ; vgl. RB 1891, 250 u. RB 1900, 135.
95 Statistischer Bericht 1876, 139 u. 148.
96 Záloha, Geschichte, 257 – 269 ; Neweklowsky, Schiffahrt, Bd. 3, 582.
97 Fuchs, Produktion, 89 u. 98f.; Lackner/Stadler, Fabriken, 21.
98 RB 1895, 123.
99 Ebd., 119.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364