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194 | Fluviale und aquatische Räume
tragen bzw. Holz für etwaige Reparaturen bereitgehalten werden.62 Dennoch kann die
Holzbrücke durchaus als eine an Erfordernisse und natürliche Settings angepasste Lö-
sung interpretiert werden : Bei Bedarf – wie etwa 1764 »zur sicheren Durchfahrt« der
kaiserlichen Regenten, bei der Pest 1713 oder bei kriegerischen Auseinandersetzun-
gen – konnte die Brücke relativ einfach unterbrochen werden, darüber hinaus ermög-
lichte die Holzkonstruktion rasche Reparaturen und war für den Fuhrwerksverkehr
und (nach Adaptionen) sogar für die Pferdeeisenbahn ausreichend (vgl. Abb. 10, 12
u. 20).63 Erst ab den späten 1830er Jahren trat ein Defizit der bestehenden Brücken-
form verstärkt zutage : Dampfschiffe konnten die Brücke nicht passieren, aber auch
bei anderen Schiffen verhinderten hohe Wasserstände die Durchfahrt. Die Brücke
»verursachet der Schifffahrt sehr bedeutende Erschwernisse und Gefahren«, so die
Einschätzung des oberösterreichischen Landesbaudirektors Josef Baumgartner 1861.64
Wiederholt wurde in den 1840er und 1850er Jahren die Errichtung einer neuen,
eisernen Brücke diskutiert – augenscheinlich waren hier die damals entstehenden
Kettenbrücken in Prag und Budapest Vorbilder ; eine Umsetzung scheiterte aber an
der Finanzierungsfrage.65 Erst als im Mai 1868 ein Schlepper mit der Brücke kolli-
dierte und einen teilweisen Einsturz mit mehreren Toten verursachte, entschloss man
sich zur Errichtung einer Eisenbrücke. 1870 – 1872 wurden die Eisenelemente in Pa-
ris gefertigt ; insgesamt kostete die Brücke fast 100.000 fl, von denen die Stadt Linz
30.000 und die Gemeinde Urfahr 10.000 fl übernahmen.66 Die neue Brücke unter-
schied sich in materieller und konzeptioneller Hinsicht deutlich vom über Jahrhun-
derte bestehenden Vorläufermodell und war damit ein städtisches Prestigeprojekt, mit
dem man sich vom Fluss emanzipieren konnte : Es sei die »einzige stabile [Straßen]
Brücke zwischen Passau und Krems«, betonte ein Landtagsabgeordneter noch in den
1890er Jahren.67 Trotzdem war die Linzer Eisenbrücke – ungeachtet der erheblichen
Kosten – eine pragmatische und eher kleindimensionierte Lösung, die bald an ihre
Kapazitätsgrenzen stieß.68
Wenngleich die Errichtung einer zweiten, stadtnahen Donaubrücke
– anlässlich der
Bahnverbindung zwischen Linz und Budweis – bereits 1867 diskutiert worden war,69
62 Awecker, Bruckamt, 205 ; LZ, 30.1.1809 ; vgl. Rohr, Naturereignisse, 368 – 370.
63 LR E6 (»Seyringer-Chronik«), 98 ; LR BIIG3, Reg. 2127 (190f.) ; LR CIIIF1 u. 2, Reg. 215 (106) ;
Aschauer, Eisenbahnbrücke, 163.
64 Allgemeine Bauzeitung 27 (1862), 83 – 93.
65 Aschauer, Eisenbahnbrücke, 164 ; vgl. z. B. OÖLA, Musealarchiv, Sch. 4/No.
31 ; AStL, HS 1128 (Stadt-
ratsprotokoll 1847), fol. 108b u. ÖB, 4.4.1854 ; vgl. zu Wien Haidvogl et al., Wasser, 359.
66 Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 141f.; Kreczi, Linz, 44 ; Commenda, Linz, 236 ; Linz a./d. Do-
nau, 103.
67 RB 1895, 143 ; zu dieser Zeit bestanden aber bereits Eisenbahnbrücken bei Steyregg und Mauthausen
(vgl. Aschauer, Eisenbahnbrücke, 164 u. Streitt/Schiller/Stadler, Eisenbahnbrücke, 101).
68 RB 1895, 143.
69 GRP 1867, fol. 178a u. 179a ; vgl. LZ, 5.5.1867.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364