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203Das
Verschwinden der urbanen Gewässer |
be rührte – erst mit den Katastern besser sichtbar wird (vgl. Abb. 1). Wenngleich der
Bach relativ klein war, scheint er doch regelmäßig kleinräumige Überschwemmungen
verursacht zu haben, was auch das »Josephinische Lagebuch« konstatierte.127 Ähnli-
ches stellte der »Franziszeische Kataster« fest : Zwar verwendete man in der Oberen
Vorstadt den Bach zeitweise zur Bewässerung der Wiesen, nach starken Niederschlä-
gen verursachte der Füchselbach aber »oft bedenklichen Schaden«.128 Für die Untere
Vorstadt wurde keine Nutzung angegeben, die Gemeinde monierte jedoch ebenso die
Überschwemmungen, die mitunter »durch mehrere Wochen große Strecken der Ober-
fläche« bedeckten. »Schutzanstalten« bestanden nicht, wohl da sich die Grundbesit-
zer »selbst schützen« mussten und somit der erforderliche Aufwand einen etwaigen
Nutzen deutlich überstieg.129 Eine Verwendung zur Abwasserentsorgung ist für den
Füchselbach erst im späten 19. Jahrhundert belegt, aber als der Bach – nach wieder-
holten Überschwemmungen – 1909 – 1913 durch die Eindeckung aus dem Stadtraum
verschwand, integrierte man ihn dennoch nicht in das städtische Kanalsystem.130
Eine wichtigere Funktion nahm das Gerinne der Ludl im Wörth ein, das wie der
größere Fabrikarm vermutlich durch das Hochwasser des Jahres 1572 entstanden war
und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zur Abwasserentsorgung genutzt wurde (vgl.
Kap. 5. Zirkulationen und Output).131 Der Merian-Stich hat die Ludl in den 1640er
Jahren
– wohl übertrieben
– als relativ breiten Seitenarm dargestellt, Bildquellen aus der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigen ein schmales Gerinne mit wenig Wasser,132
und ein Stadtplan aus den 1780er Jahren dokumentiert, dass die Ludl bereits zu die-
sem Zeitpunkt nicht mehr über einen Zufluss verfügte.133 Das graduelle Verschwinden
der Ludl kann einerseits auf flussdynamische Prozesse zurückgeführt werden, anderer-
seits kam es in den 1770er Jahren zu einer Neugestaltung des Donauufers, das vermut-
lich auch zu einem Zuschütten der Ludl-Abzweigung führte (vgl. oben). Zudem hatte
dieses städtische »burying of the water networks«134 einen wesentlichen hygienischen
Impetus und richtete sich vor allem gegen stehende Gewässer, zu denen die Ludl ab
dem 18. Jahrhundert zu rechnen ist.135 Schon 1775 hatte die Hofkanzlei – als Betrei-
ber der Wollzeugfabrik war sie ein Anrainer – das vollständige Zuschütten der Ludl
127 Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 1, 442 ; vgl. Gielge, Beschreibung, 137.
128 OÖLA, Franziszeischer Kataster, No. 534 (Operat 2, Linz Obere Vorstadt, Katastralschätzungs-Ela-
borat, undat.).
129 Ebd. (Operat 2, Linz Untere Vorstadt, Beantwortung Fragen Gemeinde Lustenau, 25.1.1831).
130 Pichler-Baumgartner, Wege, 257f.
131 Neweklowsky, Schiffahrt, Bd. 1, 78 ; Kreczi, Linz, 150 ; vgl. zum Sommerhochwasser von 1572 : Rohr,
Naturereignisse, 247 – 257.
132 Schmidt, Linz, Tafeln 8f., 17 u. 34 ; OÖLA, Karten- und Plänesammlung, V/3 (»Eigendtlicher Grund-
tRiß der Haubtstatt Lintz«, undat. [1730er Jahre]).
133 OÖLA, Karten- und Plänesammlung, V/8 (Stadtplan, 1781) ; vgl. auch AStL, HS 861 (»Chronologi-
sche Beschreibung«, 1770er Jahre), fol. 42a u. 42b.
134 Guillerme, Age, 175.
135 Ebd., 175 – 177 u. 194 – 196.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364