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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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Page - 209 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900

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209Unsaubere und saubere Vormoderne | Friedhof verwendete.33 Das aufgelassene Friedhofsareal wurde parzelliert und zur Be- bauung versteigert, wobei man offenbar eine zehnjährige  – hygienisierende  – Warte- frist verlangte.34 In einer Stadtbeschreibung aus den 1810er Jahren wurden bereits die neuen »Reihen von artigen Häusern« gepriesen, wo »sonst Modergeruch den Wande- rer umdunstete«.35 Der Geruch blieb ein Indikator für Gesundes resp. Ungesundes und zunehmend wurde die »reine« Luft zum Ideal. Dafür gibt es ab den 1780er Jahren Belege, auch die »Promenade« der Stände zielte auf Bewegung in frischer, »freier« Luft ab (vgl. unten).36 An vielen Orten waren schlechte Gerüche jedoch omnipräsent : In den Vorstädten gab es eine erhebliche Anzahl von Mistsammelplätzen (»Mistgruben«) und Gartenflä- chen, die regelmäßig mit tierischen Exkrementen bestreut (»Mistbeete«),37 aber noch nicht generell zu einem Problem erklärt wurden. 1791 musste ein Seilermeister auf der unteren Promenade seine »Mistgrube«, da sie auf landständischen Grund reichte, zwar verlegen, aber nicht gänzlich entfernen. Die visuelle Beeinträchtigung sollte mit einem Lattenzaun beseitigt werden, sodass die Mistgrube »nicht weiter« auffalle.38 Deutlich standen diese Maßnahmen im Kontext von »Verschönerungsabsichten«, wie es 1801 bezeichnet wurde.39 Den Ständen ging es um die Herstellung eines reprä- sentativen Ortes beim Theater und der neu gestalteten Promenade (vgl. unten), was über Pflasterungen, die Verlegung von  – die Ordnung störenden  – Handwerker- und Verkaufshütten, aber auch über die Absenz resp. die Nichtsichtbarkeit von Unsauber- keit erzielt werden sollte.40 Verstärkt wurden sichtbare »Unreinheiten« und schmutz- verursachende Praktiken zum Thema,41 die städtischen Aktivitäten zur Herstellung von Sauberkeit im öffentlichen Raum intensivierten sich jedoch nicht. Die Ausgaben für das Wegführen von Schutt und »Kott« blieben überschaubar, auch das geringe »Gehalt« für einen »Stadt-Butzer« deutet auf existente, aber begrenzte Ambitionen in diese Richtung, einen regelmäßigen Reinigungsdienst gab es nicht.42 Als im Jahr 33 AStL, Altakten, Sch. 146 ; LZ, 11.8.1786 ; LR E7a u. b, Reg. 1019 (253) ; LR E1f, Reg. 453 (186f.). 34 Zumindest ordnete man dies für den Urfahrer Friedhof 1788 an (vgl. LR E7a u. b, Reg. 1046 [264]) ; die Errichtungszeitpunkte der dortigen Häuser würde für eine derartige Regelung sprechen (vgl. Kreczi, Häuserchronik, 266 – 270) ; vgl. auch die Grundbucheintragungen (Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 2, 863 u. 873) und die Verkaufsverträge (AStL, Altakten, Sch. 146). 35 Heinse, Linz, 1. Aufl., 11. 36 Vgl. Füssel, Tagbuch, 230 u. LR BVI2, Reg. 1495 (286f.). 37 Vgl. LR BIIA24, Reg. 17276 (129f.) ; LR E1b, Reg. 1843 (106f.) ; ebd., Reg. 1898 (118) ; LR E1f, Reg. 375 (147 – 149) ; OÖLA ; Landschaftsakten, Sch. 448, D.XV.3/No.  99. 38 LR BIIA41, Reg. 19909 (82f.). 39 AStL, Altakten, Sch. 79 ; LR BIIA41, Reg. 20049 (222 – 226). 40 LR BIIA42, Reg. 20066 (12f.) ; OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 84, D.XIV.2/No.  196. 41 AStL, Altakten, Sch. 79 ; OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 91, D.XV.2/No.  64 ; LR BIIA42, Reg. 20173 (102f.). 42 Vgl. AStL, HS 419 (Baurechnung 1780), pag. 108 ; AStL, HS 434 (Baurechnung 1795/1796), pag. 97 ; AStL, HS 436 (Bauamtsrechnung 1816), pag. 65 ; AStL, HS 1087 (Stadtratsprotokoll 1800), fol. 239b. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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