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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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214 | Geordnete und modifizierte Umwelt ungesunder« Luft ein, was das Blut »vergiftet« und in einem »Heer der Krankheiten«, vor allem Tuberkulose, resultiere.77 Ungesund seien auch gasförmige »Stoffe«, die »un- brauchbar ausgeworfen wurden, als z. B. ausgeathmete Luft, Luft aus Unrath, Luft aus Schweiß, Luft aus Schleim, oder Lüfte aus chemischen Anstalten«. Die schlechte Luft »klebt« auch an und in den Städten, den Gestank aus »manchem Gäßchen« bekomme man nicht weg ; er selbst habe »nach langem Siechthume« die Gesundheit erst wieder in der Höhe »gefunden«.78 Trotz dieser euphorischen Prosa finden sich bei Stifter im All- tagsleben divergierende und situative Einschätzungen der »Bergluft« : Ende November 1866 kam Stifter die Kirchschlager Luft nicht mehr »so erquickend angenehm« vor, sie war ihm »eher zuwider«.79 Im Juni des Folgejahres vermeldete Stifter aus Kirchschlag wiederum eine »großartige heilige Ruhe« und »köstliche Luft«.80 Beim Ausbruch der Cholera in Linz 1866 betrachtete Stifter, wie vermutlich zahlreiche andere Stadtbewoh- ner/innen, die städtische Luft überaus skeptisch. Aus seiner Sommerfrische in Lacken- häuser riet Stifter seiner in Linz zurückgebliebenen Frau zu »täglich[er] Bewegung in freier Luft, am besten außerhalb der Stadt«.81 Es sei gut, so Stifter in einem Brief vom August 1866, dass sie »mehr in freier Luft« sei, »wenn sie auch nur schlechte Luft ist«.82 In der »Linzer Zeitung« vom Sommer und Herbst 1866 wurde ebenso wiederholt ein kausaler Zusammenhang zwischen schlechter Luft, etwa aus der Kanalisation (»Cloa- kenmiasmen«), und der Cholera hergestellt.83 Auch die Frage des Visuellen lieferte in den 1860er Jahren Impulse zur Linzer Sau- berkeitsdiskussion. Wesentlich artikulierte sich dies über den Linzer Verschönerungs- verein, der im Frühjahr 1865 etabliert wurde (vgl. Kap.  8. Natur der Städter  – Natur für Städter). Die Gründung des Vereins war direkt mit der Erfahrung einer alltäglichen städtischen Unsauberkeit verbunden : Man habe die Gartenbauausstellung der Land- wirtschaftsgesellschaft, die 1864 beim und im Volksgarten stattgefunden hatte, nur kaum besuchen können, da das Regenwetter den Zugang »insbesondere für Damen, höchst unangenehm, d. h. schmutzig« gemacht habe. Man monierte das Fehlen eines gepflasterten Gehsteiges und damit auch die Absenz von Urbanität an einem relativ peripheren Raum.84 Die Etablierung des Verschönerungsvereins stieß offenbar einen Alpenluft in ihren Wirkungen auf Gesunde und Kranke mit Berücksichtigung der Mineralquellen und Kurorte« 1865 zum ersten Mal erwähnt (Stifter, HKG 8/3, 360f.). 77 Stifter, HKG, Bd. 8/3, 215 ; hier ist ein direkter Bezug zu der Alltagswelt Stifters festzustellen, denn der mit Stifter befreundete Linzer Buchhändler Quirin Haslinger hielt sich aufgrund seiner Tuberkuloseer- krankung häufig in Kirchschlag auf (vgl. ebd., 367f.). 78 Ebd., Bd. 8/3, 215 – 218. 79 Stifter, PRA, Bd. 22, 78 ; vgl. ebd., 81. 80 Ebd., 104 u. 136f. 81 Ebd., Bd. 21, 227. 82 Ebd., 285. 83 LTP, 6.10.1866. 84 LTP, 14.4.1865. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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