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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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256 | Epidemie rekonvaleszent.20 Schließlich scheinen in Linz die letzten mit der Pest zusammen- hängenden Erkrankungs- und Todesfälle im Dezember aufgetreten zu sein, die staat- liche Überwachung des Gesundheitszustandes (durch die ständischen Ärzte) wurde aber weiterhin aufrechterhalten.21 Im Spätherbst, zum Höhepunkt der Seuche, begann eine öffentliche Sammlung für die Errichtung einer Steinsäule am Hauptplatz, die der Dreifaltigkeit, der Mutter Gottes und dem Kaiser huldigte und um Abwehr von Pest, Feuer und Krieg bat (»ob pestem, ignes, bella amota«), als Kofinanziers traten die Stadt und die Landstände auf. Angeblich hatte man ein derartiges Denkmal, das als Bewältigungsstrategie gedeutet werden kann, bereits nach dem Seuchenjahr 1679 und der erfolglosen Belagerung von Wien 1683 versprochen.22 Die Steinsäule wurde 1717 – 1723 als »Dreifaltigkeitssäule« errichtet, und sie orientierte sich in gestalteri- scher und symbolischer Hinsicht wesentlich an der Pestsäule am Wiener Graben.23 Die Ortschaft Urfahr, die zu dieser Zeit vermutlich rund tausend Einwohner/innen hatte,24 erlebte einen vergleichsweise schweren Ausbruch der Pest. Akten und eine Chronik der Urfahrer Kapuziner, die die Pestkranken betreuten, dokumentieren den Verlauf der Seuche vor Ort, und sie ermöglichen auch eine von der obrigkeitlichen Sicht abweichende Perspektive. Nach den ersten der Pest zugeschriebenen Todesfällen Mitte Oktober ordnete die Landesregierung die Unterbrechung der Brücke durch das Abtragen eines Jochs an und isolierte Urfahr damit von Linz. Zwar war auch in Urfahr das ständische »Consilium« für die Seuchenbekämpfung zuständig, nunmehr aber nur noch über Anordnungen aus der Ferne präsent.25 Die Chronik der Kapuziner doku- mentiert den behelfsmäßigen Charakter der Krankenbetreuung und ein Gefühl des Alleingelassenseins : Da es kein Lazarett in Urfahr gab, betreute schließlich der Vikar des Klosters mit einem Laienbruder die Pestkranken, deren Verpflegung zuerst über Spenden und später aus Klostervorräten erfolgte. Beide Pfleger waren selbst vier Wo- chen lang krank, ab November war ein weiterer Geistlicher tätig.26 Die Unterstützung durch die Landstände war begrenzt : Als Anfang November die Gemeinde Urfahr um Medikamente, Geld und Getreide ansuchte, wurden nur Medikamente geschickt, für das Weitere, richtete man aus, seien die jeweiligen Grundherrschaften zuständig.27 Schließlich gab es durch die Stände (300  fl), den Linzer Dechanten (100  fl) die »Stadt [Linz] und Bürgerschaft« finanzielle Unterstützung, aber erst nachdem  – wie die »Sey- 20 OÖLA, Weinberger Archivalien, Sch. 58, No.  1. 21 Ebd. 22 Kunstdenkmäler, Bd. 1, 155 u. 158 ; LR BIIA4, Reg. 4714 (55) ; vgl. AStL, Altakten, Sch. 146. 23 Pillwein, Beschreibung, 70 ; vgl. Mauelshagen, Pestepidemien, 244 u. 248 ; Csendes/Opll, Wien, Bd. 2, 274f. 24 Klein, Ortslexikon, 11f. 25 LR E1a, Reg. 125 (30f.) ; ebd., Reg. 175 (66f.) ; ebd., Reg. 177 (67f.) ; ebd., Reg. 184 (71) ; ebd., Reg. 186 (78) ; ebd., Reg. 188 (79) ; ebd., Reg. 189 (79). 26 LR E1a, Reg. 125 (30f.) ; LR E1f, Reg. 198 (82). 27 LR BIIA4, Reg. 4711 (55). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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