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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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265Ferne und nahe Cholera | gegen die Krankheit erhöhen sollten, zudem wurden »Bürger-Ausschüsse« etabliert, die als Anlaufstelle beim Ausbruch einer Epidemie dienen sollten.90 Gefährdet waren in Linz vor allem die insgesamt rund 3.700 Arbeiter/innen, die mit der Errichtung der Maximilianischen Befestigungstürme beschäftigt waren. Sie standen auch im Fokus der obrigkeitlichen Bemühungen, einen Ausbruch der Cholera zu verhindern : Zuerst wurde der Verkauf von Obst  – das man als möglichen Verursacher der Cholera an- sah  – verboten und eine Überwachung der Verpflegung angeordnet. Anfang August erkrankten einige Frauen an der Ruhr (Dysenterie), die dann ins Militärspital gebracht wurden, die betroffene Baustelle wurde durch Ärzte regelmäßig besucht, man verbes- serte die Abortanlagen und richtete eine ärztliche Versorgung für andere Baustellen ein. Als neue Ruhrerkrankungen im Folgemonat auftraten, wurden die Bauarbeiten teilweise eingestellt, zu einem Ausbruch der Cholera kam es aber nicht.91 Nachdem die Cholera im Oktober 1831 Oberösterreich erreicht hatte, wurden in Linz drei tem- poräre Choleraspitäler (und ein zusätzliches in Urfahr) geschaffen92 und zumindest im Karmeliterorden  – dies ist als eine weitere Analogie zur Pest zu sehen  – betete man gegen die Ausbreitung der Cholera,93 die nun zunehmend auch öffentlich thematisiert wurde.94 Es waren »die Leute nicht wenig beängstiget«, notierte der Linzer Geistliche Franz Haslinger in seinem Rückblick auf das Jahr 1831. »Eine Menge Schriften von Ärzten kamen heraus […], welche sich oft einander geradezu widersprechen«  – man kenne einfach »Natur und Heilungsart« der Cholera nicht.95 In den lebensgeschicht- lichen Erinnerungen des Linzers Joseph v. Spaun, der die Cholera in Wien erlebte, blieb diese Epidemie erstaunlich blass, es findet sich dazu nur ein Satz : Der Sommer 1832 sei »wie der vorangegangene Herbst […] durch die Cholera verdüstert« worden.96 Auch Adalbert Stifter, der in den 1860er Jahren auf die Cholera mit panischer Angst reagierte (vgl. unten), betonte in der Retrospektive, dass er früher »in Wien, ohne sie [die Cholera] zu beachten, fort gelebt« habe.97 Wenngleich es Todesfälle in Wels gab, trat die Cholera in Oberösterreich nirgends epidemisch auf. Seit dem Beginn des Jahres 1832 scheint es zu keinen neuen Cholera- erkrankungen gekommen zu sein, auch wurde die unterbrochene Eilverbindung der Post zwischen Linz und Wien im Februar wieder aufgenommen.98 Man sollte die Absenz der Cholera in Linz jedoch nicht als Wirkung eines erfolgreichen kollektiven oder individuellen Krisenmanagements interpretieren, sondern eher als (glückliche) 90 AStL, Altakten, Sch. 242 ; LZ, 16.9.1831 ; ebd., 30.9.1831 ; ebd., 2.1.1832. 91 Hillbrand, Türme, 114 – 117 ; vgl. OÖLA, Landesregierungsarchiv Präsidium, Sch. 150. 92 Fink, Geschichte, 41 u. 90f. 93 LR E1d, Reg. 4057 (156). 94 Etwa bei einer Ansprache des Linzer Theaterpächters  – vgl. LZ, 7.10.1831. 95 HTb 1831, Begebenheiten. 96 Doku, Spaun, 265. 97 Stifter, PRA, Bd. 21, 272. 98 LZ, 14.10.1831 ; ebd., 2.1.1832 ; ebd., 3.2.1832 ; ebd., 13.2.1832. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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