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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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293Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis | »Überschwemmungskultur«, sie lebten mit der Bedrohung durch den Fluss und trafen Vorsorge- resp. Gegenmaßnahmen.14 Eine wichtige Strategie zur Verminderung der Vulnerabilität durch Hochwasser bildete das Situieren der Siedlungsräume : In Linz waren die tiefer gelegenen donaunahen Gebiete im Wörth, in Lustenau und Zizlau nur dünn besiedelt, auf den weiträumigen, flussabwärts gelegenen Überflutungsflächen bestanden Auwälder und eher extensive Landwirtschaft. Der Siedlungskern befand sich auf den Hügeln bzw. den Niederterrassen einige Meter über der Donau, Risiko- lagen wurden gemieden. In einem Bericht aus dem Jahr 1812 wurde konstatiert, dass es im Donautal oberhalb von Linz (Kalvarienwänd) und in weiten Teilen von Zizlau und St.  Peter zwar wiederholt zu Überschwemmungen komme, die betroffenen Häu- ser seien aber »im(m)er nur im unteren Geschoße mit Wasser gefüllt worden, und dem reißenden Strom, bis auf wenige, nicht ausgesezt sind, wo ihr Gefahr des Lebens drohen könnte«. Zudem hätten die Häuser »ihren Rücken frey«, was den Bewohner/ innen ermögliche, sich im Bedarfsfall »selbst retten« oder schnell Hilfe erhalten zu können.15 Nach einer ähnlichen Logik und wohl in der Erwartung, dass nur seltene Extremereignisse gefährlich sein würden, kam es im 18. und 19.  Jahrhundert sogar zur Errichtung von einzelnen Häusern unmittelbar an der Donau : Anstelle des bei den Sommerüberschwemmungen 1786 stark beschädigten Theaterhauses wurde z. B. 1790 ein Haus gebaut, von dem der Besitzer versprach, »daß es bey großen Wassergüssen, wo andere viel weiter von der Donau entlegene Häuser« betroffen seien, selbst nicht überflutet werde.16 Dieses Risiko war aber  – wie viele andere  – in sozialer Hinsicht ungleich verteilt : In Urfahr erreichte das Hochwasser von 1786 vermutlich vor allem Angehörige der Unterschichten (»größtentheils arme Weber aus der Fabrik«), die nahe an der Donau wohnten.17 Eine Anpassung an die Bedrohung erfolgte auch durch bauliche Maßnahmen : Die Häuser konnten mit hohen und kleinen Fenstern im Untergeschoss und ohne Keller errichtet werden (wenngleich es offenbar sogar im donaunahen Wörth Keller gab),18 dazu wurden Schutzbauten gegen Überschwemmungen errichtet.19 Diese Wasser- bauten erfolgten in Linz vor der Mitte des 19.  Jahrhunderts aber nur sehr punktuell und zielten eher fast ausschließlich auf den Uferschutz ab (vgl. Kap.  6. Fluviale und aquatische Räume). Eine weitere Präventivmaßnahme stellte das ständige Bereithal- ten von Bauholz dar, um die durch Hochwasser oder Eisstöße beschädigte Brücke schnell reparieren zu können,20 auch wurde die anfällige Schiffmühle im Winter und 14 Rohr, Naturereignisse, 59f., 215 u. 279f. 15 AStL, Altakten, Sch. 190. 16 LZ/IB, 22.7.1814 ; vgl. Kreczi, Häuserchronik, 152. 17 LR E7a u. b, Reg. 973 (242f.). 18 Sogar die exponiert gelegene Wollzeugfabrik verfügte über einen Keller  – AStL, Altakten, Sch. 13 19 EdN, s.v. Überschwemmung ; Rohr, Naturereignisse, 354 – 368 u. 375f. 20 Awecker, Bruckamt, 181 u. 184 ; AStL, Altakten, Sch. 44 ; vgl. Rohr, Naturereignisse, 368 – 370. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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