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302 | Naturgefahr
damit folgte man einer breiteren überregionalen Diskussion – die »fortschreitenden
Entwaldungen« in den Bergen.89
Noch gravierender war die Überschwemmung im September 1899 : Deren Maxi-
malpegel lag fast einen Meter über dem Hochwasser von 1897 und auch höher als
im Jahr 1862. Erneut hatten überdurchschnittlich große Niederschlagsmengen und
hochwasserführende Zubringer im Linzer Raum zu einer Überschwemmung durch
Donau und Traun geführt.90 Am Höhepunkt des Hochwassers, dem 16. September,
passierten vermutlich 8.500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde – d. h. fünfeinhalbmal
so viel wie bei »Mittelwasser« (vgl. Kap. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900) – die Stadt
Linz.91 Nachdem der Donaupegel ab dem 12. September stark angestiegen war, wur-
den Feuerwehrleute und die städtische Sicherheitswache alarmiert und das Militär um
Hilfsleistung ersucht, das aber zu diesem Zeitpunkt wegen eines Manövers mehrheit-
lich absent war
– schließlich kamen Pioniere aus Prag zu Hilfe (vgl. Abb.
32).92 Als am
14.
September das Wasser nochmals anstieg, wurde die Donaubrücke zeitweise für den
Verkehr gesperrt und den Bewohnern der Ludlgegend und von Lustenau »empfoh-
len«, ihre Häuser zu räumen.93 »Doch die meisten thaten dies nicht, sondern wollten
erst räumen, als das Wasser einzudringen begann : dann war es nicht mehr möglich,
so rasch als nothwendig Hilfe zu bringen, da die Flut zu rasch stieg.«94 »Es hat’s
nicht noth«, soll sich ein Hausbewohner in Lustenau gerechtfertigt haben, bevor das
Wasser dann stark anstieg.95 Auch die zur Hilfe gerufenen Pioniere berichteten von
vereinzelten Widerständen gegen die Evakuierungen.96 Die unterhalb der Niederter-
rasse liegenden Häuser wurden völlig überschwemmt, an der Brückenbaustelle traten
erneut schwere Schäden auf.97 Abgesehen von einem »Wäschermädchen« in Urfahr,
das vom Wasser mitgerissen wurde (dessen Schicksal die Zeitungen aber nicht weiter
thematisierten), scheint es im Linzer Raum – wie schon bei den meisten Hochwasse-
rereignissen des Jahrhunderts – keine Todesfälle gegeben zu haben.98 Bereits am Tag
nach dem Höchststand der Donau konnte man Bilder der Überschwemmung »in den
Auslagen mehrerer hiesiger Buch- und Papierhandlungen« sehen, die ein »Heer von
89 LTP, 6.8.1897 ; LVB, 20.8.1897 ; vgl. Hochwasserkatastrophe, 155.
90 LTP, 10.9.1899 ; ebd., 13.9.1899 ; ebd., 14.9.1899 ; ebd., 19.9.1899 ; Hochwasserkatastrophe, 9f., 28f. u.
33 – 37 ; für den Wiener Raum wurde dieses Ereignis als 100-jähriges Hochwasser klassifiziert (Hohen-
sinner, Hochwässer, 44), Christian Rohr konstatierte für Linz ebenso einen »Hochwasserquotienten«
100 (Streitt/Schiller/Stadler, Eisenbahnbrücke, 103).
91 Rosenauer, Donau, 83 – 87.
92 LTP, 14.9.1899 ; ebd., 16.9.1899 ; ebd., 19.9.1899.
93 LTP, 16.9.1899 ; AStL, Materienbestand, Sch. 182.
94 LTP, 19.9.1899.
95 LTP, 22.9.1899.
96 AStL, Materienbestand, Sch. 182.
97 AStL, Materienbestand, Sch. 192 ; LTP, 16.9.1899 ; ebd., 17.9.1899 ; vgl. Streitt/Schiller/Stadler, Eisen-
bahnbrücke, 104f.
98 LTP, 16.9.1899.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364