Page - 309 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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309Feuer
als kollektives Risiko |
Wörth situiert wurden, mit Ausnahme des Brandes der Wasserkaserne 1755 und des –
als Militärspital genutzten – Schlosses 1800 nicht auf andere Gebäude übergriffen.136
Die alltägliche Nutzung von Feuer in einer mehrere tausend Einwohner zählenden
Stadt bildete ein erhebliches Grundrisiko, das sich in regelmäßigen Kleinbränden ar-
tikulierte und in ungünstigen Konstellationen zu einem Großbrand werden konnte.137
Im 18. Jahrhundert gab es jedoch in Linz – abgesehen von den Bränden bei der Bela-
gerung während des Erbfolgekrieges Anfang 1742 – keinen Großbrand.138 Dies kann
man als relativ erfolgreiches Reagieren auf isolierte Kleinbrände interpretieren oder
als Zufall. Für letztere Deutung sprächen der Großbrand des Jahres 1800 (vgl. un-
ten) und auch der Brand von 1755, der als Beinahegroßbrand zu sehen ist. Der im
Mai 1755 in der Wasserkaserne ausgebrochene Brand konnte erst nach vier bis fünf
Stunden eingedämmt werden, er zerstörte oder beschädigte insgesamt rund 60 Häu-
ser und verursachte einen Gesamtschaden von 70.000 fl. Aufgrund des erheblichen
Funkenfluges bereitete man sich im ca. 800 Meter entfernten Ursulinenkloster bereits
auf einen Großbrand vor, räumte die Möbel in den Keller und stellte (für das Schin-
deldach) Wasserbehälter und Leitern bereit.139 Eine Übersicht zu den Brandereig-
nissen im Linz des 18. Jahrhunderts zu erstellen, ist schwierig, da Vorarbeiten fehlen :
Der Linzer Beamte und Topograph Benedikt Pillwein listete im Vormärz lediglich
Brände für die Jahre 1732 (mindestens 4 Häuser nahe dem Ursulinenkloster), 1742
(189 Häuser in den südlichen Vorstädten), 1745 (unklar – nur bei Pillwein genannt)
und 1755 (rund 60 Häuser beim Brand der Wasserkaserne) auf,140 die Chroniken des
18.
Jahrhunderts erwähnen hingegen nur den Brand von 1755 als größeres Ereignis.141
Aus diesen – und anderen kleineren Bränden oder Beinahebränden – lassen sich ver-
schiedene Aspekte des Brandrisikos und der Praxis der Brandbekämpfung erkennen :
Fast ausschließlich scheint Feuer im häuslich-alltäglichen Bereich – worunter man
auch Institutionen wie das Militär und Arbeitsplätze von Dienstleistern zählen kann
–
durch heiße Asche, Kamin- oder Küchenbrände ausgebrochen zu sein.142
136 LR E1c, Reg. 2964 (106) ; LR BIIG5, Reg. 2639 (71) ; LR BIIG7, Reg. 3803 (1f.) ; LR E1d, Reg. 3870
(122) ; LR E1b, Reg. 2171 u. 2172 (158).
137 Unter Großbrand soll im Folgenden ein Brand verstanden werden, der länger als einen Tag dauerte
und/oder erhebliche Schäden verursachte. Leider unterblieb bei Zwierlein diesbezüglich ein Definiti-
onsversuch (vgl. Zwierlein, Prometheus, 81 – 87).
138 Pillwein, Wegweiser, 27f.; vgl. Zwierlein, Prometheus, 82 – 84.
139 AStL, HS 861 (»Chronologische Beschreibung«, 1770er Jahre), fol. 59a u. 59b ; LR CIIIC3, Reg. 749
(321) ; LR E1a, Reg. 476 (95) ; LR E1a, Reg. 1100 (206) ; LR E1b, Reg. 1739 (86f.).
140 Pillwein, Wegweiser, 26 u. 38 ; Pillwein, Linz, Bd. 1, 218 ; gelegentlich ist auch ein Brand 1712 erwähnt
(AStL, Altakten, Sch. 188), der auch für die Inschrift »ignes« auf der Dreifaltigkeitssäule verantwort-
lich sein soll (Kunstdenkmäler, Bd. 1, 158).
141 AStL, HS 861 (»Chronologische Beschreibung«, 1770er Jahre), fol. 59a u. 59b u. LR E6 (»Seyringer-
Chronik«), 98.
142 LR BIIA5, Reg. 7109 (224) ; LR CIIIC3, Reg. 835 (361).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364