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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 93 -
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Seite - 93 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

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Heimatrecht und soziale Frage 93 verband zugesichert worden. Der Böhmische Statthalter berichtete in seiner Stel- lungnahme an das Innenministerium, dass gegen Dr. Stark zwar »in sittlicher und materieller Rücksicht nichts Nachteiliges« vorliege, dieser allerdings Sozialist sei und »in dieser Richtung agitatorisch« wirke. Während seines Aufenthaltes in Karlsbad sei er polizeilich unbestraft geblieben, jedoch sei von Seiten der Staatsanwaltschaft in Eger gegen ihn Anklage wegen Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung erhoben worden. Dr. Stark sei früher in der Dallwitzer/Dalovicer Porzellanfabrik bei Karlsbad Fabriksarzt gewesen, habe jedoch »in Folge seiner Wütereien unter den Arbeitern« seinen Posten verloren. Stark sei »ein eifriger Anhänger der Sozialdemo- kratischen Partei und die Seele der sozialdemokratischen Bewegung in Karlsbad«. Wegen eines Aufruhrs sei er angeklagt, jedoch bei einer 1897 in Eger stattgefunde- nen Hauptverhandlung freigesprochen worden. Mit Rücksicht auf seine agitatori- sche Tätigkeit habe sich, so der Bericht des Statthalters, die Bezirkshauptmannschaft gegen seine Aufnahme in den österreichischen Staatsverband mit aller Entschieden- heit ausgesprochen. Für Dr. Stark spräche der Umstand, dass er durch die Bande der Familie, durch seine Herkunft, durch seinen Aufenthalt und seine Berufstätigkeit an den Staat, dessen Angehörigkeit er zu erwerben strebte, geknüpft erschien und dass er einen Sohn habe, dessen (deutschsprachige) Erziehung es diesem unmög- lich machen würde, in Ungarn jemals sein Fortkommen zu finden. Der Statthalter beantragte dennoch die Abweisung der Beschwerde. Das Innenministerium schloss sich im Oktober 1897  – dem Höhepunkt der Badeni-Krise  – dieser Auffassung an. Dr. Hugo Stark und damit auch seinem minderjährigen Sohn Gustav wurde aus aus- schließlich politischen Gründen  – nicht aber aus konfessionellen oder ethnischen  – die Aufnahme in die österreichische Staatsbürgerschaft versagt.325 Welche soziale und ökonomische Bedeutung der Staatsbürgerschaft, mehr aber noch dem Heimatrecht zukam, zeigen die zahlreichen Feststellungsverfahren, die vielfach auch Kinder oder andere unmündige Personen betrafen. Der Fall Julia Singer An einem Augusttag des Jahres 1888 war in Rohrbach, im Bezirk Lilienfeld, Nieder- österreich, von der Gendarmerie ein etwa zehnjähriges Mädchen wegen »Ausweis- und Subsistenzlosigkeit« aufgegriffen und vorläufig der Gemeinde zur Betreuung übergeben worden. Die eingeleiteten Nachforschungen, so ein Bericht des niederös- terreichischen Statthalters an das Innenministerium, hätten mit Gewissheit ergeben, dass das Kind die am 26. Juli 1878 im Wiener Gebärhaus geborene uneheliche Toch- 325 AVA Inneres, Fasc. 8, Staatsbürgerschaft in genere, 1870ff, Karton 353, Nr. 32097/1897. Zum Fall Hugo Stark siehe auch : Gammerl, Untertanen, S.  87.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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