Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 187 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 187 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

Bild der Seite - 187 -

Bild der Seite - 187 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

Text der Seite - 187 -

Staatenlosigkeit als Massenschicksal Staatenlosigkeit war im 20. Jahrhundert ein Massenschicksal  – Folge von Flucht, Vertreibung, Exil.654 Waren es Anfang des Jahrhunderts vor allem Armenier und rus- sische Revolutionsflüchtlinge, die  – als vom Völkerbund anerkannte und als Inhaber von Nansen-Pässen  – so etwas wie die »Aristokratie unter den Staatenlosen« gebildet hatten, so waren es nach dem Ersten Weltkrieg vor allem jene, die durch den Unter- gang der österreichisch-ungarischen Monarchie wie auch des Osmanischen Reiches ihre Staatsbürgerschaft verloren hatten, darunter sehr viele Juden. Der Prozess der Nationalstaatsbildung nach dem Zerfall der multinationalen Reiche schuf zusammen mit den Pariser Vorortverträgen von 1919/20 ein Millio- nenheer von Heimatlosen, deren Nationalität bis zur Annahme einer neuen Staats- bürgerschaft (durch Option) völkerrechtlich als indéterminée galt. In den Dreißiger- jahren vermehrten zuerst die Flüchtlinge des spanischen Bürgerkriegs die Zahl der Staatenlosen, und in der nationalsozialistischen Epoche waren es wieder vor allem Juden, die ihrer Staatsbürgerschaft in einem überaus komplexen, in mehreren Schü- ben vonstatten gehenden Prozess beraubt werden. Bereits 1939 waren annähernd 50 Prozent aller im Reichsgebiet lebenden Juden ohne Staatsbürgerschaft.655 Bei ihrer Ermordung waren fast alle (ehemals deutschen und österreichischen) Juden staa- tenlos. Erstmals im Jahr 1954 gab es eine UN-Konvention zum Status staatenloser Personen ; 1961 folgte eine zweite Konvention zur Verminderung von Staatenlosig- keit.656 Als man 2011 das fünfzigjährige Bestehen dieser Übereinkunft feierlich be- ging, belief sich, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zufolge, die Zahl der Staatenlosen allein in Europa noch immer auf etwa 590 000 Personen  – weltweit sind es geschätzte 12 Millionen Menschen.657 Die beiden nachstehenden Fallgeschichten stehen exemplarisch für die vielschich- tigen Dimensionen und Probleme der Staatenlosigkeit. Die Betroffenen waren nie (Elias Canetti) bzw. nur wenige Jahre (Manès Sperber) österreichische Staatsbürger. In beiden Fällen resultierte ihre jahrzehntelange Staatenlosigkeit aus dem Untergang 654 Siehe dazu die grundlegende Studie : Gerald Daniel Cohen : In War’s Wake : Europe’s Displaced Persons in the Postwar Order (Oxford 2011). 655 Martin Tarrab-Maslaton : Rechtliche Strukturen der Diskriminierung der Juden im Dritten Reich (Berlin 1993), S.  55. 656 Abgedruckt in : Goldemund/Ringhofer/Theurer, Staatsbürgerschaftsrecht, S.  242f. 657 http ://europa-redaktion.blogspot.com/2011/08.
zurück zum  Buch Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart"
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden