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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 152 -
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152 Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft mehr sein, sondern, so Wilhelm Stuckart, »der auf deutscher Sittlichkeit beruhende Weltanschauungsstaat«.543 Signaturen der Vertreibung Ausbürgerung und nachfolgende Staatenlosigkeit waren im 20. Jahrhundert ein Massenschicksal  – Signatur der Vertreibung schlechthin. Nahezu alle österreichi- schen Juden und Jüdinnen, die etwa 120 000 Vertriebenen wie auch die über 60 000 Ermordeten, waren von ihr betroffen. »Und ich zögere nicht zu bekennen«, schreibt Stefan Zweig in seiner 1944 verfassten autobiographischen Studie »Die Welt von Gestern«, »dass seit dem Tage, da ich mit eigentlich fremden Papieren oder Pässen leben musste, ich mich nie mehr ganz als mit mir zusammengehörig empfand.«544 Zwar hatte er, der sich zur Zeit des »Anschlusses« Österreichs an das Deutsche Reich, im März 1938, bereits im Exil befand, von den englischen Behörden umstandslos »ein weißes Ersatzpapier, einen Staatenlosenpass« erhalten und einige Jahre später auch einen britischen Reisepass, doch das Gefühl, mit sich selbst nicht mehr iden- tisch zu sein, »mit offenen wachen Augen im Leeren zu taumeln und zu wissen, dass man überall, wo man Fuß gefasst hat, zurückgestoßen werden kann«545, verließ ihn von da an niemals wieder  – ein Gefühl, das er, schenkt man den zahlreichen Zeug- nissen von Emigranten und Emigrantinnen Glauben, mit vielen anderen teilte. Die Ausbürgerung (Expatriation) der österreichischen Juden während der NS- Herrschaft war ein überaus komplexer, sich in mehreren Schüben ereignender Pro- zess, der sich ähnlich wie jener im »Altreich«, doch zeitlich verschoben, abspielte. Während die Ausbürgerung im Deutschen Reich bereits im Juni 1933, also zu einem Zeitpunkt begonnen hatte, als eine Auswanderung grundsätzlich noch möglich war546, begann sie in Österreich erst im Juli 1939 mit der »Verordnung über die Aberkennung der Staatsangehörigkeit und den Widerruf des Staatsangehörigkeitser- werbs in der Ostmark«547, zu einem Zeitpunkt, als nach dem Novemberpogrom (der sogenannten »Reichskristallnacht«) bereits eine Massenflucht österreichischer Juden und Jüdinnen eingesetzt hatte. Auch griffen im Zuge der (Un)Rechtsangleichung 543 Wilhelm Stuckart : Nationalsozialismus und Staatsrecht, in : H.H. Lammers/Hans Pfundner (Hg.) : Grundlagen, Aufbau und Wirtschaftsordnung des nationalsozialistischen Staates, Bd. 1, Gruppe 2 (Berlin o.J.), Loseblattsammlung, S.  13ff. 544 Stefan Zweig : Die Welt von Gestern (Frankfurt/Main 1966), S.  466. 545 Ebenda, S.  441. 546 Mit dem »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933, dRGBl I, S.  480. 547 GBlÖ 1939/892.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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