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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 64 -
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64 Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus sie de facto das volle Bürgerrecht erreicht. Am 3. April 1849 richteten die Wiener Ju- den eine Dankadresse an Kaiser Franz Joseph. Dieser erwiderte den Dank mit einem Handbillet, das an die Vertreter der »israelitischen Gemeinde von Wien« adressiert war (womit er implizit auch die bisher verweigerte Fähigkeit der Juden zur Gemein- debildung anerkannte).205 Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus Die neuen Prinzipien konfessioneller Gleichberechtigung wurden zu Beginn der Regierung Schwarzenberg durchaus noch umgesetzt. Im September 1849 fiel der »politische Ehekonsens« für Juden, d. h. die vor jeder jüdischen Eheschließung ein- zuholende Zustimmung des Kreisamtes bzw. der zuständigen Landesstelle.206 Und Justizminister Anton v. Schmerling befürwortete in einer Denkschrift betreffend die Gleichberechtigung der Juden vom 18. November 1849 ausdrücklich die Aufhebung von § 64 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, wonach Ehen zwischen Chris- ten und Juden verboten waren.207 Im Laufe des Jahres 1850/51 fielen weitere ein- schränkende Bestimmungen : Juden wurden zur Richteramtsprüfung zugelassen, die neue Notariatsverordnung sah keinerlei Beschränkungen hinsichtlich der Konfession mehr vor, und in einer »Pulververschleißordnung« wurde eine Juden ausschließende Klausel gestrichen.208 Doch am 31. Dezember 1851  – knapp nach dem in Frank- reich erfolgten Staatsstreich  – wurde die neue Verfassung mit kaiserlichem Patent (dem sogenannte Silvesterpatent) sistiert. Was diese Aufhebung der Verfassung hin- sichtlich der Rechte der Juden bedeutete, war zunächst unklar. Als eine Frankfurter Zeitung berichtete, dass in Österreich ein Gesetz über die politische Stellung der Israeliten vorbereitet würde, stellte Außenminister Graf Buol-Schauenstein im Mi- nisterrat die Frage, wie man der großen Beunruhigung unter den österreichischen Juden begegnen wolle. Innenminister Bach entgegnete, dass die Verfassung vom 4.  März 1849 alle Staatsbürger in ihren Rechten gleichstelle, wodurch früher bestan- denen Beschränkungen für Juden aufgehoben worden seien. Durch die allerhöchs- 205 Vgl. Wolf, Juden, S.  153. 206 Verordnung der niederösterreichischen Landesregierung vom 11. September 1849. Ausführlicher dazu : Heinrich Jaques : Denkschrift (Wien 1859), S.  XVIIIf. Zu den Besonderheiten des bürgerli- chen Eherechts in Bezug auf Juden, insbesondere hinsichtlich der Ehehindernisse, der Ungültigkeit von Ehen, bei Scheidung und Trennung vgl. Ignaz Graßl : Das besondere Eherecht der Juden in Österreich nach den §§ 123–136 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (Wien 1838). 207 Vgl. Wolf, Juden, S.  153. 208 Vgl. Jaques, Denkschrift, S.  XXI.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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