Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 92 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 92 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

Bild der Seite - 92 -

Bild der Seite - 92 - in Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart

Text der Seite - 92 -

92 Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs Gesetzgebers gelegen, weist Ofner nach, den Behörden ein freies Ermessen bei der Einbürgerung einzuräumen, doch zeige die Praxis, dass das Heimatrecht »stetig zum Nachteil bedürftiger, völlig makelloser Ausländer umgangen« werde.324 Da jedoch während des ganzen 19. Jahrhunderts für die Gemeinden die Erteilung des Heimat- rechts mit der Verpflichtung zur Armenfürsorge verbunden blieb, sorgten diese dafür, dass der Aufenthalt Fremder nur so lange geduldet wurde, als sie selbst für ihren Unterhalt Sorge tragen konnten. Im Falle ihrer Verarmung (»Subsistenzlosigkeit«) konnten sie weiterhin mittels des polizeilichen Zwangsmittels Schub in ihre zustän- dige Heimatgemeinde (zurück)befördert werden. So scheint bei vielen Ansuchen um die Staatsbürgerschaft die damit verbundene vorgängige Aufnahme in eine Ge- meinde, also die Erlangung des Heimatrechts, die erste Motivation gewesen zu sein. Der Fall Dr. Hugo Stark Während das »mosaische Bekenntnis« nach dem Ausgleich niemals mehr (zumindest explizit) als Abweisungsgrund genannt wurde, scheint gegen Ende des Jahrhunderts neben dem Faktor Armut vor allem »politische Bedenklichkeit« ein Hindernis für die Aufnahme in den Staatsverband gewesen zu sein  – so im Falle des jüdischen Arz- tes Dr. Hugo Stark, der gegen die mit Statthaltereierlass vom 24. Juli 1897 erfolgte Abweisung seines Einbürgerungsbegehrens Beschwerde eingelegt hatte. Dr. Stark, der zwar 1870 in Prag geborene worden, doch nach seinem Vater nach Pottornya Prekáska (Komitat Lipto) in Ungarn zuständig war, hatte sein ganzes Leben in Böh- men verbracht : hatte in Prag an der deutschen Karl Ferdinand Universität sein Stu- dium absolviert und dort promoviert, war danach als Gemeinde- und Bezirksarzt in Bucher/Puchér, Bezirk Kapitz, tätig gewesen und sich seit Juni 1895 als praktischer Arzt in Karlsbad niedergelassen. Begründet hatte Hugo Stark sein Ansuchen damit, dass er in der diesseitigen Reichshälfte (Cisleithanien) seit seiner Geburt ununter- brochen gelebt, hier seine Ausbildung erhalten habe und dass alle seine mütterlichen Verwandten sowie alle Verwandten seiner Gattin, Rosa Steiner (Tochter des Prager Kaufmannes Emanuel Steiner) österreichische Staatsbürger seien, weiters, dass er hier seine Existenz gegründet und sein »dauerndes Berufsdomicil« genommen habe, und somit sein Wunsch, für sich und seinen (im Jahr der Antragstellung geborenen) Sohn die Staatsbürgerschaft und das Heimatrecht zu erwerben, »gewiss gerechtfer- tigt« sei. Von der Gemeinde Schönlind/Krásná Lípa, Bezirk Falkenau, war ihm für den Fall der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft die Aufnahme in den Heimat- 324 Vgl. Julius Ofner : Die Entstehung des Justizhofdekrets vom 12. April 1833 über die Ersitzung der Staatsbürgerschaft, in : Juristische Blätter 23 (1905) Nr. 13, S.  157–160 und Nr. 14, S.  146–158.
zurück zum  Buch Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart"
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden