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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden - Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Seite - 97 -
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Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97 österreichischen Konsulat oder der Internuntiatur (der österreichisch-ungarischen Botschaft) in Konstantinopel in Diensten standen.330 Administrative Grundlage für den Anspruch auf Schutz und Protektion bildeten von den Konsulaten zu füh- rende Register, die sogenannten »Schutzlisten«. Allen in diesen Schutzlisten einge- tragenen Personen gebührte grundsätzlich der gleiche diplomatische Schutz  – ein Schutz, der auch den zahlreichen Juden in diesen Listen gewährt wurde.331 Eine besondere Bedeutung kam dabei dem 1849 gegründeten (Vize-)Konsulat in Jerusa- lem zu. Wenngleich es die Hauptaufgabe der insgesamt 14 österreichischen Konsuln im »Heiligen Land« war, die katholischen Interessen wahrzunehmen und der christ- lichen Bevölkerung sowie den zahlreich ins Land strömenden christlichen Pilgern jeden erdenklichen konsularischen Beistand zukommen zu lassen, zeigte es sich von Beginn der konsularischen Tätigkeit an, dass die Zahl der christlichen Schutzgenos- sen gegenüber jener der jüdischen eine verschwindende Minderheit darstellte. Kein anderes Konsulat hatte so viele Juden auf seinen »Schutzlisten« wie das in Jerusalem. Waren es in den 1850er-Jahren noch etwa 1500 bis 1800 Personen, so erhöhte sich ihre Zahl im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg auf ca. 6000.332 Wie Benno Gam- merl gezeigt hat, lassen sich zumindest bis zum Ersten Weltkrieg bei der Behandlung der »Schutzgenossen« durch die k. u. k. Auslandsvertretungen keine Unterschiede hinsichtlich der ethnischen oder konfessionellen Zugehörigkeit feststellen.333 Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft Empfanden die einen die Staatsbürgerschaft als hohes Gut und ihren manchmal un- freiwilligen Verlust als ideellen und materiellen Schaden  – so im Falle des nach Ham- burg ausgewanderten jüdischen Kaufmannes Markus Verschleisser, der in einem Re- kurs gegen den ihm mitgeteilten Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bat, das Wiederaufnahmeverfahren »mit großer Dringlichkeit« zu behandeln, da seine Geschäfte dadurch leiden und seinen Kindern »beim Schulbesuche Hindernisse in den Weg gelegt werden« würden334  –, suchten sich andere der österreichischen Staats- 330 Josef v. Malfatti : Handbuch des Österreichisch-Ungarischen Consularwesens (Wien 1879), S.  132f. 331 Benno Gammerl konstatiert, dass die k. u. k. Konsulate (untersucht wurden jene von Beirut, Tunis, Tripolis und Jerusalem) die in den Schutzlisten eingetragenen Personen »unabhängig von ihrer eth- nischen und religiösen Identität« annähernd gleich behandelt hätten. Gammerl, Untertanen, S.  254. 332 Eliav, Mordechai, unter Mitarbeit von Barbara Haider (Hg.) : Österreich und das Heilige Land. Ausgewählte Konsulatsdokumente aus Jerusalem 1849–1917 (Fontes rerum Austriacarum 2. Abt. 91, Wien 2000), S.  63, 32f. 333 Vgl. Gammerl, Untertanen, S.  254. 334 AVA Inneres, Fasc. 8, Staatsbürgerschaft in genere, 1870ff, Karton 355, Nr. 24903/91.
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Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden
Untertitel
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart
Autor
Hannelore Burger
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79495-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Heimatrecht, Staatsbürgerschaft, Juden, Österreichische Juden, Judenemanzipation, Toleranz, Josephinische Reformen, Österreichische Monarchie, Ausgleich, Österreich-Ungarn, Erste Republik, Nationalsozialistische Judenverfolgung, Ausbürgerung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. Von der Epoche des josephinischen Reformabsolutismus bis zum Ende des Neoabsolutismus 15
  3. Die Frage der jüdischen Bürgerrechte in der Aufklärung 15
  4. Exkurs : Juden in den österreichischen Ländern vom Hochmittelalter bis in das Zeitalter der Emanzipation 19
  5. Die josephinische Zäsur 26
  6. Das böhmisch-mährische System der Familienstellen 29
  7. Das Toleranzpatent für die Juden Galiziens 34
  8. Anhaltende »Verschiedenheit des politischen Zustandes« 38
  9. Die Vertretung der Tolerierten 39
  10. Das Judenamt 40
  11. Die Hofkanzlei als Hüterin der Toleranz 45
  12. Taufen und Nobilitierungen 47
  13. Die Kodifizierung des Staatsbürgerschaftsrechts 51
  14. Die staatsbürgerliche Stellung der Juden im Vormärz
  15. und das Auftauchen der »Judenfrage« 53
  16. Die bürgerliche Revolution von 1848 und die veränderte staatsbürgerliche Stellung der Juden 59
  17. Juden als österreichische Reichsbürger 62
  18. Inklusion und Exklusion von Juden in der Zeit des Neoabsolutismus 64
  19. Das Heimatrecht der österreichischen Juden 70
  20. Die Sonderstellung der »türkischen« Juden 74
  21. Die Entwicklung von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Epoche des Ausgleichs 77
  22. Der Anteil der Juden an den Einbürgerungen 77
  23. Die Vermehrung der jüdischen Bevölkerung in Cisleithanien 80
  24. Die rechtliche Gleichstellung der Juden durch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Dezember 1867 82
  25. Rückkehr in die »verbotene Stadt« 83
  26. Paradoxe Fremde 85
  27. Die dualistische Verschärfung 86
  28. Motive für den Erwerb von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 88
  29. Heimatrecht und Staatsbürgerschaft jüdischer Frauen 90
  30. Heimatrecht und soziale Frage 91
  31. Der Fall Dr. Hugo Stark 92
  32. Der Fall Julia Singer 93
  33. Der Fall Lea Weitzmann 95
  34. »Schutzgenossen« und »Untertanen de facto« 96
  35. Zur Ambivalenz von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft 97
  36. Die Nationalitätenkonflikte der Verfassungszeit und die (sprach-)nationale Identität der Juden 100
  37. Kafkas Sprachen 100
  38. Die Bedeutung von Bildung im Judentum 103
  39. Sprache, Nationalität und Recht im Unterrichtswesen 105
  40. Jüdische Kinder in den Mühlen des Nationalitätenkampfes 109
  41. Der Anteil jüdischer Schüler am höheren Bildungswesen 112
  42. Sprachen, Nationalitäten, Identitäten 114
  43. Das mehrsprachige Unterrichtswesen in der Bukowina 115
  44. Der Verdacht gegen die Mehrsprachigkeit 116
  45. Die Ethnisierung der Nationalitätenkonflikte 117
  46. Die Wiederkehr der »Judenfrage« in der Epoche des Ausgleichs 119
  47. Juden im Ersten Weltkrieg 130
  48. Theorie und Praxis von Heimatrecht und Staatsbürgerschaft in der Ersten Republik 132
  49. Die Aus- und Einbürgerungen des autoritären Ständestaates 141
  50. Verfolgung, Vertreibung, Ausbürgerung, Vernichtung während der NS-Herrschaft 146
  51. Die Implementierung der Nürnberger Gesetze in Österreich 146
  52. Signaturen der Vertreibung 152
  53. Die Ausbürgerung und der Befehl zur »Endlösung« 155
  54. Die Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft in der Zweiten Republik 166
  55. Der Fall Raviv 172
  56. Staatenlosigkeit als Massenschicksal 187
  57. Der Fall Elias Canetti 188
  58. Der Fall Manès Sperber 200
  59. Semantische Nachbemerkungen 213
  60. Verzeichnis der Archive 222
  61. Literaturverzeichnis 223
  62. Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 244
  63. Zeittafel 245
  64. Register 264
  65. Personen 264
  66. Orte 269
  67. Sachen 271
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