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VORBEMERKUNGEN
zur Westküste im Innern der Arabischen Halbinsel
verlief. In den vom Seeweg berührten Häfen und in
den Gebieten entlang der Weihrauchstraße gab es
schon seit dem Altertum Kontakte zu weiten Teilen
der damals bekannten Welt: entlang des Seeweges
vor allem nach Ostafrika, in den Mittelmeerraum und
Richtung Indien.
Der restliche Jemen abseits der Häfen und fern der
Weihrauchstraße, und das ist der Großteil des je-
menitischen Hinterlandes, entwickelte sich allerdings
über weite Zeiträume relativ isoliert. Im Norden und
Nordosten liegt als eine mächtige Barriere die Gro-
ße Sandwüste, die Rub Al-Khali. Von den Küsten des
Jemen hingegen gelangt man meist schon bald in
hohe Gebirgszonen. Das Hochland ist wieder von
tief eingeschnittenen Tälern durchzogen. Die topogra-
fischen Barrieren portionierten schon seit jeher den
Jemen in kleine und kleinste Flächeneinheiten. Bis zu
den Anfängen des 20. Jh. war beispielsweise das
riesige Wadi Hadramaut samt seinen unzähligen Sei-
tentälern so isoliert, dass nur sehr selten ein Fremder
dorthin gelangte.
Erst durch die beeindruckenden Schwarz-Weiß-Foto-
grafien und durch die spannenden Berichte des da-
mals noch jungen Musikethnologen Hans Helfritz aus
dem fast völlig unbekannten Landesinneren des Süd-
jemen und auch durch die nahezu zeitglich entstan-
denen Berichte und Aufnahmen der Schriftstellerin
Freya Madeline Stark gelangten um 1930 erstmals
spektakuläre Informationen über diese zum Teil sehr
eigenständig gewachsene Kulturenwelt im südlichen
Arabien bis nach Europa. Helfritz und Stark dürften
mit zu den ersten Europäern zählen, die das Innere
des südlichen Jemen nicht nur betreten haben, son-
dern auch mit wertvollen Dokumenten wieder verlas-
sen konnten.
In den kargen Landschaften des Jemen gibt es in den
meisten Regionen nur wenig Wasser. So hat sich ein
entbehrungsfähiger, genügsamer, harter und zugleich
aber durchaus freundlicher Bewohnertypus in diesem
entlegenen Land auf der arabischen Halbinsel hinter
der großen Sandwüste herausgebildet.
Gegen Fremde sind die Jemeniten in der Regel arg-
wöhnisch und oft zunächst sehr abweisend. Ist aber
erst einmal der Bann gebrochen und ein Fremder
von einer Person, einer Familie oder einem Klan als
Besucher, als Gast und als Freund angenommen,
so wird er auch mit aller Herzlichkeit aufgenommen
und notfalls auch gegen andere vielleicht feindlich
gesinnte Bewohner der Region engagiert verteidigt.
Das konnte ich mehrfach während meiner Jemenrei-
se erleben. Fast überall leben die Jemeniten in wehr- haften Klan-Türmen. In den Tälern stehen diese im
Nahbereich der wenigen Brunnen oder auf nahezu
unerreichbaren, schmalen Bergplateaus hoch oben
auf engen Graten von Bergrücken um Zisternen
gruppiert.
Ab 1978 kam der Kommunismus auch an die Küste
des südlichen Jemen. Wie aber will man einem so
stark hierarchisch strukturierten Volk mit einem ausge-
prägten orthodox islamischen Glauben und in einer
tief verwurzelten, tradierten Stammesgesellschaft die
Gleichheit aller Menschen erklären? Bis zu einem
gewissen Grad schien dies zumindest äußerlich fast
schon zu greifen. So war der Südjemen bis 1990 mit
sowjetischer Unterstützung kommunistisch und vom
noch viel konservativeren islamischen Nordjemen ge-
trennt. Dann aber schlossen sich die zwei Jemen wie-
der zusammen und das kommunistische Experiment
war schon nach zwölf Jahren beendet. Leider erlebte
das Land danach nur bis 2004, also bis zum Tod
des Stammesführers der Huthi, Hussein Badreddin
al-Huthi eine relativ ruhige Zeit ohne größere Ausein-
andersetzungen zwischen den sunnitischen, den schi-
itischen und auch andersgläubigen Volksgruppen.
Nach der Vertreibung des Langzeitpräsidenten Ali
Abdullah Saleh entwickelte sich der Konflikt zu ei-
nem schweren, kriegsähnlichen Kampf, zu einem
Bürgerkrieg, in den auch die Al Kaida eingriff. 2015
griff dann eine islamische Koalition unter Führung
des sunnitisch konservativen Saudi-Arabien massiv
in den Konflikt ein. Die Probleme konnten dadurch
auch nicht beendet werden und das Land nicht zur
Ruhe kommen, sondern der Konflikt eskalierte zu ei-
nem in jeder Hinsicht mörderischen und extrem zer-
störerischen Krieg, der zwischen den einflussreichen
Klanführern des Landes mit Unterstützung der Koali-
tion, des IS und der Al Kaida auf sunnitischer Seite
sowie des Iran auf schiitischer Seite geführt wurde.
Da im Grenzgebiet zum benachbarten Saudi-Ara-
bien im Norden des Jemen offenbar reiche Ölvor-
kommen unter dem Sand der Rub Al Khali und ihrer
Randzone zum Jemen liegen, geht es bei diesem
Konflikt vielleicht nicht alleine um religiöse Differen-
zen und die Interessen einzelner Kleinfürstentümer
dieser ausgeprägten Stammesgesellschaft, sondern
auch ums Öl.
Die Bombardements durch das weitgehend sunni-
tische Saudi-Arabien im Jemen mit amerikanischem
Kriegsgerät auf Seiten des letzten Präsidenten und
durch die Unterstützung der schiitischen Jemeniten
durch den weitgehend schiitischen Iran auf der an-
deren Seite legte der Konflikt stetig an Heftigkeit
zu. Seitdem sind hohe Verluste in der Bevölkerung
zu beklagen, hunderttausende von Bewohnern sind
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix