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Geographie, Land und Leute
Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEBERICHT 98 gräbern aufgestellt werden. Erst danach konnten sie auch skulptiert werden. Etliche dieser Stelen, insbesondere die jüngeren, stel- len detailgetreu Hochhäuser dar, die über die volle Höhe mit Fenstern, samt ihren Teilungen, Jalousien und ihrem Dekor, mit ihren Anschlüssen an die jeweilige Wandkonstruktion und mit den konstruktiven Details der Wandkonstruktion selbst, mit den vortretenden Deckenbalken in allen Stockwerken und meist mit Eckrisaliten ausgestattet dargestellt sind. Sie zeigen die Hochhausarchitektur ihrer Vorbilder bis ins Detail. Es dürfte sich bei diesen Stelen um die Darstellung von Geschlechtertürmen für die Verstorbenen aus den jeweiligen Königsgroßfamilien, um überdimensionale Totenhochhäuser handeln. Eine Ähnlichkeit zwischen den axumitischen Stelen und den Hochhäusern in Schibam besteht nur darin, dass man hohe Geschlechtertürme baute, einmal für die Lebenden in Schibam, das andere Mal für die Toten in Axum. Archäologen vermuten aber, dass die hoch aufragenden, monolithischen, axumitischen Steinstelen möglicherweise die Hochhäuser von Schi- bam oder von anderen historischen jemenitischen Or- ten wie Hadjara darstellen – Orte, die ich zum Teil erst später besucht habe und besprechen werde. Die Hochhäuser von Schibam bestehen allerdings aus massiven Lehmmauern und Holzbalkendecken und dürften wohl auch in der Vergangenheit in dieser Art konstruiert worden sein. Archäologen vermuten eine Bautradition von ca. 2000 Jahren. In den Rundumreliefs der drei zuletzt aufgestellten Hoch- hausstelen von Axum werden Hochhäuser mit allen konstruktiven Details dargestellt, von denen man weiß, dass sie völlig anders konstruiert waren als die Hoch- sehen werden können (Schlegel 1963:17). Schlegel schreibt von insgesamt 7000 Jahren überschaubarer Kulturgeschichte der Türschlösser (Schlegel 1963:12). So fand man bereits ein sogenanntes „Hethitisches Schloss“ aus der Zeit um 2500 v. Chr. bei den He- thitern. Nach der Erfindung der Legierung von Zinn und Kupfer zur deutlich härteren Bronze wurde dieses Schloss bereits in diesem Material als Fallenschloss ausgeführt, bei dem man mit einem ankerförmigen Schlüssel durch eine schlitzförmige Öffnung das in- nen angebrachte Schloss erreichen musste, um in ent- sprechende Vertiefungen bei den Fallen einhaken zu können und um diese so aus dem Verschluss heben zu können (Schlegel 1963:20). Selbst in China gab es ähnlich konstruierte Holzschlösser schon sehr früh. Schlegel vermutet eine Parallelerfindung. Ich vermute eher einen Techniktransfer über eine frühe Version der “Seidenstraße“. Es gibt auch viele andere Erfindun- gen, wie beispielsweise Wassermühlen, die sowohl im mediterranen Raum anzutreffen sind und ebenso entlang der Seidenstraße, die bis ins Detail mit die- sen übereinstimmen (Hohmann 2012:104; Kostka/ Kuschel 2009:240-242). Das sind sicher nicht alles Parallelerfindungen. In Axum im afrikanischen Äthiopien, das eng mit den Kulturen des alten Jemen verbunden war, wurden in der Zeit um das 1. bis 3. Jh. n. Chr. monumentale, bis zu über 33 m hohe monolithische Stelen mit einem Gewicht von geschätzten 517 Tonnen hergestellt. Sie waren damit schwerer als die schwersten und höher als die höchsten Obelisken im alten Ägypten. Die Rohlinge mussten etwa 7 km weit vom Steinbruch bis zum Gräberfeld transportiert und dort über eine Ram- pe bis auf etwa die halbe Höhe ihrer eigenen Länge gezogen und dann durch ein kontrolliertes Kippen in eine vertikale Lage gebracht und auf den Königs- Abb. 100 Dieser Längsschnitt zeigt noch- mals das Prinzip der Fallen im Schlosskörper. Heutige aus Metall gefertigte Schlösser machen sich nicht mehr von der Schwerkraft abhängig, sondern verwenden für die Be- wegung der Fallen kleine Me- tallfedern. Sonst hat sich aber an der Mechanik der mehr als 2000 Jahre nachweisbaren Verschlusstechnik bis ins 20. Jh. wenig geändert (Hohmann 2012:215 Abb. SCHL3.2).
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Jemen Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Titel
Jemen
Untertitel
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Autor
Hasso Hohmann
Verlag
Verlag der Technischen Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-670-3
Abmessungen
20.0 x 27.0 cm
Seiten
308
Schlagwörter
Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkungen 7
    1. Reisemotive 9
    2. Reiseplanung 12
  2. Einige Tage Ägypten 17
    1. Sakkara 18
    2. Memphis 19
    3. Gizeh 20
    4. Kairo 21
    5. Ägyptisches Nationalmuseum 24
    6. Altstadt von Kairo 25
  3. Reise durch den Jemen 29
    1. Altstadt von Sanaa 33
    2. Kleidung von Männern und Frauen 42
    3. Die leichte Droge Kat 56
    4. Marib 60
    5. Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
    6. Säulen und ihre Kapitelle 74
    7. Flug ins Wadi Hadramaut 78
    8. Wasserhäuser 84
    9. Tarim 86
    10. Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
    11. Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
    12. Mausoleum in Al Ghurfa 107
    13. Schibam 108
    14. Seiyun 124
    15. Auskragungen und Vorspanneffekte 133
    16. Hureida 139
    17. Hadjarein 142
    18. Chrecher 142
    19. Sif 144
    20. Bienenhaltung in Amphoren 152
    21. Al Mukalla 157
    22. Fahrt nach Aden 165
    23. Aden 168
    24. Taiz 175
    25. Saada 195
    26. Schahara 202
    27. Fahrt nach Sanaa 209
    28. Amran 209
    29. Thulla 213
    30. Kaukaban 218
    31. Kuchlan 224
    32. Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
    33. Hodeida 233
    34. Zabid 236
    35. Hadjara 242
    36. Rauda 249
    37. Baynun 254
    38. Zurück entlang des Roten Meeres 268
  4. Siedlungsformen 273
    1. Schibam 273
    2. Hadschara 273
    3. Hadscharain 274
    4. Schahara 274
    5. Al Qurazihah, Afrikanischer Kral im Jemen 275
    6. Aden 276
  5. Bauformen 277
    1. Adobe-Lehmhochhäuser 277
    2. Saada-Lehmbauweise 278
    3. Schaabwa-Riegelwände 278
    4. Steinbauten 284
    5. Vorkrageffekte bei Lehmbauten 284
    6. Rundtürme mit aufgebauten Kleinpalästen 285
  6. Architekturdetails 287
    1. Kuppeln 287
    2. Gurtbögen 287
    3. Säulen, Pfeiler und ihre Kapitelle 288
    4. Verschachtelungen 288
  7. Apendix
    1. Bibliographie 292
    2. Abbildungsnachweis 294
    3. Anmerkung zu Ortsnamen 295
    4. Glossar 296
    5. Zu den Reisenden 302
    6. Dank des Autors 303
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