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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Selbsterforschen“ 23  – bleibt dem abseits der ‚AktualitĂ€ten‘, abseits der schnell- lebigen Artikel zum Tag veröffentlichten Buch vorbehalten. Wenn der Autor am 14.  November 1986 notiert: „Noch einmal zum Zeitunglesen: das Lesen versĂ€u- men“,24 verweist er damit nicht nur auf ein Problem der Zeitökonomie  – mehr ZeitungslektĂŒre bedeutet weniger Zeit fĂŒr das Lesen von Literatur  –, sondern trifft auch eine Unterscheidung zweier miteinander unvereinbarer LektĂŒre- weisen: eine strikte, zum ManichĂ€ischen tendierende Differenzierung, die fĂŒr Handke  – bis heute  – eine wichtige Rolle spielt: „Unheimlich und unappetitlich sind die Allesleser (die Zeitschriften genauso lesen wie BĂŒcher, BĂŒcher genauso wie Zeitungen)“.25 Mit Nachdruck hat Handke nicht erst im Kontext der Dis- kussionen um seine Haltung zum Jugoslawien-Krieg, sondern schon frĂŒher auf dem „Unterschied zwischen journalistischer und literarischer Sprache“ 26 bzw. auf dem „Unterschied zwischen Journalismus und Schriftstellertum“ 27 beharrt. Insbesondere der ‚AktualitĂ€tszwang‘ des Journalismus steht dabei, wie die For- schung gezeigt hat, mit Handkes Ideal des „SchĂ€rfen[s] der Aufmerksamkeit fĂŒr die Einzelheiten durch die verlangsamte LektĂŒre“ in Widerspruch.28 „Die Zeitun- gen sind, haben von vornherein eine AktualitĂ€t“, hĂ€lt er in diesem Sinne im Juni 1988, unterwegs im Friaul, an der Grenze zu Jugoslawien, fest; „das Buch, auch perspektiven. Hg. v. Eduard Beutner u. Ulrike Tanzer. Innsbruck u. a.: StudienVerlag 2010, S.  140 – 149. 23 Peter Handke: Fragment zu Friederike Mayröcker. [2009] In: P. H.: Tage und Werke (Anm.  21), S.  47 – 48, hier S.  47. 24 Handke: Am Felsfenster morgens (Anm.  15), S.  418. 25 Handke: Phantasien der Wiederholung (Anm.  21), S.  85. 26 Peter Handke: Ein Brief. [2006] In: P. H.: Tage und Werke (Anm.  21), S.  41 – 42, hier S.  41 f.  – Auch an einer zentralen Stelle gegen Ende der vieldiskutierten Winterlichen Reise (1996) hat Handke den Unterschied zwischen literarischer und journalistischer Welterschließung hervor- gehoben: „Meine Arbeit ist eine andere. Die bösen Fakten festhalten, schon recht. FĂŒr einen Frieden jedoch braucht es noch anderes, was nicht weniger ist als die Fakten.“ (Peter Handke: Eine winterliche Reise zu den FlĂŒssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit fĂŒr Serbien. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996, S.  133) 27 Rosina Katz-Logar: „Literatur ist wie ein Schlager“. [GesprĂ€ch mit Peter Handke.] In: Kleine Zeitung, 17. 5. 2007. Vgl. auch Adolf Haslinger: In treusorgender Ironie. In: Peter Handke/A. H.: Einige Anmerkungen zum Da- und zum Dort-Sein. Ehrendoktorat an Peter Handke durch die UniversitĂ€t Salzburg. Salzburg, Wien: Jung und Jung 2004, S.  13 – 34, hier S.  24: „Was ihn dabei zum Gegenentwurf reizt, ist  [
] die von Meinungen, Stellungnahmen, Informationen ver- stellte Welt, jene der tĂ€glichen Schrift, des Journalismus und des gedankenlosen, ahnungslosen Geplappers.“ Noch in seinem bislang letzten Journalband notiert Handke 2011: „Meinungen, Meinungen, immer nur Meinungen! Auf die Almen mit euch, damit ihr das ErzĂ€hlen lernt“ (Peter Handke: Vor der Baumschattenwand nachts. Zeichen und AnflĂŒge von der Peripherie. 2007 – 2015. Salzburg, Wien: Jung und Jung 2016, S.  148). 28 Heiko Christians: Der Roman vom Epos. Peter Handkes „Poetik der Verlangsamung“. In: Hof- mannsthal. Jahrbuch zur europĂ€ischen Moderne 10 (2002), S.  357 – 389, hier S.  382. Sehlustfeindliche SchwĂ€tzer 69 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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