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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Erscheinung getreten;4 nun suchte er mit großer „publizistischer Energie“ 5 nach neuen Herausforderungen. Ziel von Handkes Bemühungen war es nicht zuletzt, sich als neuer Autor des Frankfurter Suhrkamp Verlags intensiver (und medial sichtbarer) als bisher auch in die bundesdeutschen Literaturdebatten der Zeit einzubringen. Texte wie die am 12.  Juni 1967 im Spiegel gedruckte Besprechung des Sammelbandes Wochen- ende erfüllten für ihn in der Folge eine doppelte Funktion: Indem er die Auto- rinnen und Autoren der ‚Kölner Schule‘ um Dieter Wellershoff dafür kritisierte, ihre „längst überholten Methoden nicht [zu] erkennen“ und „gedankenlose[  ] Satzformen“ 6 zu verwenden  – er sich also ostentativ von Konkurrenten und Konjunkturen im literarischen Feld distanzierte  –, lässt sich der Verriss auch als impliziter Kommentar zu seinen eigenen literarischen Arbeiten, als Argumenta- tion pro domo,7 verstehen, zumal die Formulierungen mit Passagen in Handkes poetologischen Reflexionen korrespondieren: „Was läßt diese in Einzelheiten doch recht sensiblen Autoren auf literarische Schemata hereinfallen? Es ist die Schreibmethode, die diese Arbeiten so unergiebig macht. Ergebnisse bleiben deswegen aus, weil die literarische Methode verbraucht ist.“ 8 Der im selben Jahr entstandene Essay Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms widmet sich gleichfalls der Frage, auf welche Weise literarische Verfahren ‚Wirk- lichkeit‘ modellieren und verarbeiten. Im Zentrum des Textes steht die Forde- rung nach einer ihre eigenen Methoden reflektierenden und kritisch prüfenden Literatur, als deren Erfüllung er sogleich sein eigenes Schreiben präsentiert. „Die Methode müßte alles bisher Geklärte wieder in Frage stellen, sie müßte zeigen, daß es noch eine Möglichkeit der Darstellung der Wirklichkeit gibt, nein, daß es noch eine Möglichkeit gab: denn diese Möglichkeit ist dadurch, daß sie gezeigt wurde, auch schon verbraucht worden.“ 9 Nimmt der Schriftsteller Handke für sich in Anspruch, sich stets auf der Suche nach einer weiteren noch möglichen 4 Vgl. Peter Handke: Ror Wolf: Fortsetzung des Berichts. In: Wort in der Zeit 11 (1965), S.  59 – 60. 5 Otto Lorenz: Literatur als Widerspruch. Konstanten in Peter Handkes Schriftstellerkarriere. In: Text + Kritik (51989), H.  24, S.  8 – 16, hier S.  9. 6 Peter Handke: Bei Abschied Regen. Über den Sammelband Wochenende. In: Der Spiegel, Nr.  25, 12. 6. 1967, S.  112 – 113, hier S.  113; auch in: P. H.: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms. Frank- furt a. M.: Suhrkamp 1972, S.  191 – 194. 7 Vgl. Otto Lorenz: Pro domo  – Der Schriftsteller als Kritiker. Zu Peter Handkes Anfängen. In: Literaturkritik  – Anspruch und Wirklichkeit. DFG-Symposion 1989. Hg. v. Wilfried Barner. Stuttgart: Metzler 1990, S.  399 – 414, hier S.  400: „Pro domo zu sprechen  – das ist, seit Lessing spätestens, die Hauptfunktion der Literaturkritik der Autoren, die selber versuchen, den Reso- nanzraum für das Wirkungspotential ihrer Texte zu schaffen.“ 8 Handke: Bei Abschied Regen (Anm.  6), S.  112. 9 Peter Handke: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms. [1967] In: P. H.: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms (Anm.  6), S.  19 – 28, hier S.  21 f. Peter Handkes Gegenmodelle zur zeitgenössischen Literaturkritik222 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. Einsprüche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wären nicht so viele böse Worte zu verlieren …“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, Verbündete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche Schwätzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der Bühne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der Dürre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres Geschäft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚Natürlichkeit‘ 150
    3. Die „ästhetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses Unglück) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshändige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. Schnüffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der Lektüre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut Färber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke über/mit Ödön von Horváth 259
    7. Keine Axt für das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, Kofferträger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekärer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. Primärliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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