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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Enkelbub, Niclas van Heerlen“, hebt der „Vorspruch“ der Sammlung an und nimmt dabei jenes Pseudonym vorweg, das Bernhard spĂ€ter unter seinen ersten journalistischen Beitrag Vor eines Dichters Grab setzen wird, im stillen KĂ€mmerlein Schreib’ ich in Reimen dir, arm und holprig, grob und fein, So wie es in die Feder lĂ€uft und ohne viel Bedenken, Will ich dir vĂ€terlich hier Rat auf Ratschlag schenken.11 Einzelne Texte der Sammlung werde ich noch genauer in den Blick nehmen, da die konservative, gegen Massen- und Unterhaltungskultur anschreibende Kritik, die in diesen Versen zum Ausdruck kommt  – „Drum rat ich dir, mein Sohn, wend’ dich dem schönen Buche zu, / Hier findest du das wahre GlĂŒck, die selige Ruh’“ 12  –, in den folgenden Jahren einen wichtigen Bezugspunkt fĂŒr Bernhards literaturkritische Reflexionen bilden sollte. Thomas Bernhard hat den Beginn seines Schreibens wiederholt mit der ZĂ€sur des Todes von Johannes Freumbichler, nur zwei Tage nach seinem 18.  Geburts- tag, in Verbindung gebracht. Ein knappes halbes Jahr danach, im Juli 1949, wurde Bernhard in die Lungenheilanstalt Grafenhof (St.  Veit/Pongau) einge- wiesen und flĂŒchtete sich dort, wie er in Die KĂ€lte. Eine Isolation (1981) festhĂ€lt, aus seiner schwierigen gesundheitlichen und familiĂ€ren Lage mehr und mehr „ins Schreiben“: „[I]ch schrieb und schrieb, ich weiß nicht mehr, Hunderte, Aberhunderte Gedichte, ich existierte nur, wenn ich schrieb“; als Katalysator der ProduktivitĂ€t nennt das autobiographische Ich im RĂŒckblick den Tod des geliebten Großvaters, dem bei aller Tragik auch ein Moment der Befreiung inhĂ€rent gewesen sei: „[M]ein Großvater, der Dichter, war tot, jetzt durfte ich schreiben, jetzt hatte ich die Möglichkeit, selbst zu dichten, jetzt getraute ich mich, jetzt hatte ich dieses Mittel zum Zweck, in das ich mich mit allen meinen KrĂ€ften hineinstĂŒrzte“ (TBW 10, 331).13 Im letzten ausfĂŒhrlichen Interview, das Bernhard der Journalistin Asta Scheib 1987 gegeben hat, weist er noch einmal auf diesen Zusammenhang hin: „Mein Großvater war Schriftsteller. Erst nach seinem Tode habe ich mich getraut, selber zu schreiben.“ (TBW 22.2, 335)14 11 Freumbichler: Erziehung zu Vernunft und Fröhlichkeit (Anm.  10), S.  12. 12 Ebd., S.  38. 13 Vgl. dazu die Deutung in Manfred Mittermayer: Die Stimme des alten Meisters. Zur Figur des Großvaters im literarischen Werk Thomas Bernhards. In: Österreich und andere Katastrophen. Thomas Bernhard in memoriam. BeitrĂ€ge des Internationalen Kolloquiums an der UniversitĂ€t des Saarlandes vom 10. bis 12.  Juni 1999. Hg. v. Pierre BĂ©har u. Jeanne Benay. St.  Ingbert: Röhrig 2001, S.  25 – 45, hier S.  30 f. 14 Michael Billenkamp: Thomas Bernhard. Narrativik und poetologische Praxis. Heidelberg: Winter 2008, S.  68, hat die Rolle Freumbichlers als Vorbild fĂŒr das Schreiben seines Enkels „Zeitungsg’schicht’ln“: Thomas Bernhard als Literaturkritiker276 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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