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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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des jungen Journalisten gegenĂŒber fremdsprachigen Autorinnen und Auto- ren  – schon Anfang 1952 hatte er die â€žĂŒberseeischen, ĂŒberwĂŒrzten Erzeug- nisse“ der auslĂ€ndischen Literatur kritisiert (TBW 22.1, 15), in der Folge ĂŒber Veranstaltungen im Salzburger „Amerika-Haus“ aber, wie noch zu zeigen sein wird, auch positiv berichtet. Zum anderen zeigt die Nennung Max Mells in einer Reihe mit Hugo von Hofmannsthal und der im Widerstand aktiven Verfasse- rin der österreichischen Bundeshymne Paula von Preradović, dass Bernhard in der ersten HĂ€lfte der 1950er Jahre noch wenig „SensibilitĂ€t fĂŒr problematische KontinuitĂ€ten bei den ReprĂ€sentanten des zeitgenössischen Kulturbetriebs“ entwickelt hatte.31 Max Mell war nicht nur einer der prominentesten Autoren im austrofaschis- tischen StĂ€ndestaat, sondern auch im NS-Literatursystem; er hatte 1938 zum Bekenntnisbuch österreichischer Dichter ein Gedicht zur Feier des ‚Anschlusses‘ Österreichs an das Deutsche Reich beigesteuert und in zahlreichen einschlĂ€gigen Anthologien publiziert,32 was seinem Ansehen in der Zweiten Republik  – trotz vehementer Kritik durch Otto Basil und andere in der unmittelbaren Nachkriegs- zeit 33  – jedoch kaum abtrĂ€glich war: Mells BĂŒhnenstĂŒck Kriemhilds Rache war in der Saison 1950/1951 die erste österreichische UrauffĂŒhrung am Wiener Burg- theater (gefolgt von Traube in der Kelter von Richard Billinger, der sich ebenfalls am Bekenntnisbuch beteiligt hatte).34 Mit seiner verzeihenden, in Teilen wohl auch unwissend-naiven Haltung stand Bernhard in den 1950er Jahren jedenfalls nicht alleine da, bewegte sich vielmehr im kulturpolitischen Mainstream jener Jahre, die  – so die pointierte Formulierung des Historikers Gert Kerschbaumer  – den 31 Manfred Mittermayer: „Die brennende hilfesuchende Glut“. Thomas Bernhard als Literaturkri- tiker in den frĂŒhen 1950er Jahren. In: Literatur  – Politik  – Kritik. BeitrĂ€ge zur Österreichischen Literatur des 20.  Jahrhunderts. Hg. v. Harald Jele u. Elmar Lenhart. Göttingen: Wallstein 2014, S.  204 – 213, hier S.  213. 32 Vgl. Max Mell: Am Tage der Abstimmung  – 10.  April 1938. In: Bekenntnisbuch österreichischer Dichter. Hg. v. Bund deutscher Schriftsteller in Österreich. Wien: Krystall 1938, S.  68.  – Dazu die Aufstellung in MĂŒller: ZĂ€suren ohne Folgen (Anm.  25), S.  319 – 322. Zu Mells Rolle im Dritten Reich vgl. ders.: Die Bannung der Unordnung. Zur KontinuitĂ€t österreichischer Literatur seit den dreißiger Jahren. In: KontinuitĂ€t und Bruch 1938 – 1945 – 1955. BeitrĂ€ge zur österreichischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Hg. v. Friedrich Stadler. Wien, MĂŒnchen: Jugend und Volk 1988, S.  181 – 215, hier S.  184; Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt a. M.: S. Fischer 2009, S.  364.  – 1956 lud Bernhard Max Mell zum von ihm gemeinsam mit Elisabeth Effenberger veranstalteten „Forum Hohensalzburg“ ein; ein Auftritt kam aufgrund gesundheitlicher Beschwerden Mells aber nicht zustande. 33 Vgl. Polt-Heinzl: Die grauen Jahre (Anm.  3), S.  37 f.; Daniela Strigl: Spurensicherung auf dem „österreichischen NS-Parnaß“. Otto Basil und die Debatte um Josef Weinheber. In: Otto Basil und die Literatur um 1945. Tradition  – KontinuitĂ€t  – Neubeginn. Hg. v. Volker Kaukoreit u. Wendelin Schmidt-Dengler. Wien: Zsolnay 1998, S.  66 – 76. 34 Vgl. Polt-Heinzl: Die grauen Jahre (Anm.  3), S.  91 f. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 281 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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