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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Volksblatt nur wenig gemein. WĂ€hrend in Handkes Kritiken immer auch grund- legende Fragen filmischer Ästhetik (KamerafĂŒhrung, literarisches vs. filmisches ErzĂ€hlen, ‚NatĂŒrlichkeit‘ vs. ‚KĂŒnstlichkeit‘, ReprĂ€sentation außerfilmischer Wirk- lichkeit etc.) und soziologische Aspekte des Kinos verhandelt werden,160 erweist sich Bernhard in seinen Texten als nicht eben versierter Cineast. Wohl auch bedingt durch die Vorgaben einer Regionalzeitung 161 formulieren sie landlĂ€ufige und stereotype Beobachtungen zu den besprochenen Filmen, etwa wenn dem Hollywood-Film Trommeln in der Nacht (orig. Savage Drums, USA 1951, Regie: William Berke) am 16.  September 1953 bescheinigt wird, dass darin „keine ein- zige Aufnahme“ „echt“ sei: Eine Anzahl (scheinbar) schöner Frauen flimmert vorĂŒber, es wird geschossen, schlecht getanzt und Wein getrunken  – und alles innerhalb einer öden, zum GĂ€hnen anre- genden „Handlung“, die einmal zeigt, wie schwer es heutzutage ist, ein handfestes Drehbuch-Manuskript auf den Tisch zu bekommen. (TBW 22.1, 249) Die Bandbreite der Urteile reicht von recht allgemeiner Zustimmung  – „Erlebnis sondergleichen“ (TBW 22.1, 283), „gut und sehenswert“ (TBW 22.1, 296), „[e]iner der wenigen Filme“, die „gut sind und Geschmack beweisen“ (TBW 22.1, 347), „eine unterhaltsame Filmgeschichte fĂŒr den Sonntag“ (TBW 22.1, 351)  – bis hin zu deutlicher Kritik, wenn von „geballte[r] RĂŒhrseligkeit“ (TBW 22.1, 252) oder „grausige[r] Geschmacksverwirrung“ (TBW 22.1, 264) die Rede ist. In Franz Antels Kaiserwalzer (1953), einem Paradebeispiel der kulturellen Restauration nach 1945, sieht Bernhard zwar einzelne hervorragende „schauspielerische[  ] Leistungen“, kann dem Film ansonsten aber wenig Positives abgewinnen, „weicht der Streifen“ doch, so seine ernĂŒchterte Feststellung, „kaum von dem guten vorhergegangenen Dutzend Liebesfilmen der monarchischen Erzherzoge ab“ (TBW 22.1, 252). Antels nĂ€chstes Werk, Die sĂŒĂŸesten FrĂŒchte (1954), fĂŒhrte bei Bernhard schließlich zu noch grĂ¶ĂŸerer Verstimmung: „Dieser geschmacklose Mischmasch, der sich in uralten schlechten Witzen erschöpft, kann selbst dem standhaftesten Kinobesucher den Saft hochgehen lassen.“ (TBW 22.1, 360) FĂŒr manche Filme findet er in seinen Kurzkritiken zwar freundliche Worte  – „eine wirkliche Filmkomödie“, „die sich sehen lassen kann“  –, zur Verfilmung von Curt 160 Vgl. etwa Peter Handke: Probleme werden im Film zu einem Genre. In: film 6 (August 1968), H.  8, S.  10; ders.: VorlĂ€ufige Bemerkungen zu Landkinos und Heimatfilmen. In: film 6 (November 1968), H.  11, S.  10 u.  37; ders.: Augsburg im August: trostlos. In: film 7 (Januar 1969), H.  1, S.  30 – 32; ders.: Dummheit und Unendlichkeit. In: film 7 (MĂ€rz 1969), H.  3, S.  10 – 11. 161 Vgl. Dittmar: Thomas Bernhard als Journalist (Anm.  51), S.  29, wonach „analytische Kritik in einer Zeitung wie dem Demokratischen Volksblatt gar nicht erwĂŒnscht“ gewesen sei. „Zeitungsg’schicht’ln“: Thomas Bernhard als Literaturkritiker316 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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