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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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erneute Bearbeitung des nur vermeintlich „perfekten Körper[s] des Manuskripts“ 153 seiner eigenen Idealvorstellung von Literatur zumindest angenĂ€hert zu haben. Anstatt „den Maulaffen zwischen Hamburg und MĂŒnchen“ 154 Gehör zu schen- ken, zĂ€hle fĂŒr ihn, so Bernhards vielfach variiertes UnabhĂ€ngigkeitsnarrativ, nur sein eigener Maßstab; schließlich sei, wie er im bereits zitierten GesprĂ€ch mit Peter Hamm betont hat, „niemand so kritisch mit allen meinen Sachen“ wie er selbst (TBW 22.2, 129). Wie in anderen FĂ€llen Bernhard’scher Apodiktik wich die Praxis jedoch deutlich vom postulierten Programm ab. Aller suggestiven Rhetorik zum Trotz zeigte sich der Autor  – das belegen zahlreiche Berichte von Freunden und Weg- gefĂ€hrten  – keineswegs unberĂŒhrt von der literaturkritischen Rezeption seines Werks: „Er hat sicher alle Kritiken gelesen“, bestĂ€tigt etwa Hilde Spiel, „hat sich sicher furchtbar gekrĂ€nkt ĂŒber die schlechten und die, in denen er mißverstanden wurde.“ 155 „Ich lese sie“, gestand Bernhard, angesprochen auf die Rezensionen seiner BĂŒcher und TheaterstĂŒcke, 1976 im MĂŒnchner Merkur: Is’ ja blöd zu sagen, das interessiert mich nicht. Ich lese alles, was mir irgendwie erreichbar ist, mach’ mir ein Bild. Bin ja net aus Granit oder gehörlos. Ich bin sehr vital, Gott sei Dank, aber auch ein empfindsamer Mensch  
 (TBW 22.2, 86) „[J]eder Verriß und jede schlechte Kritik“ hĂ€tten ihm, so Rudolf BrĂ€ndle, den Bernhard Ende der 1940er Jahre als Patient der St.  Veiter Lungenheilanstalt kennengelernt hatte und mit dem er weiterhin freundschaftlich verbunden war, „furchtbar wehgetan“.156 Auch sein langjĂ€hriger Freund und WeggefĂ€hrte Wieland Schmied, der bei der Vermittlung von Frost (1963) an den Insel Verlag eine wichtige Rolle spielte, hat den Autor als in dieser Hinsicht „sehr empfind- sam“ beschrieben: „[D]ie Resonanz seines Schaffens, vor allem die darĂŒber in den Medien publizierte Meinung“, habe ihm stets „große Pein“ bereitet.157 Noch im letzten ausfĂŒhrlichen Interview mit Asta Scheib hat Bernhard 1987 auf die Frage, ob er sich ĂŒber Verrisse seiner BĂŒcher Ă€rgere, geantwortet: „Ja. Ich falle auch heute noch in jede Grube“, um kurz darauf relativierend hinzuzufĂŒgen: „Es trifft mich, aber es stört mich in meiner Arbeit nicht mehr.“ (TBW 22.2, 336 f.) Prosa gattungsspezifisch zu verorten“.  – Eine umfassendere Studie zu Bernhards literarischer ‚Gattungspolitik‘ steht einstweilen noch aus. 153 Bernhard an Unseld, 25. 3. 1974. In: Bernhard/Unseld: Der Briefwechsel (Anm.  2), S.  423. 154 Bernhard an Unseld, 7. 5. 1979. In: ebd., S.  561. 155 Krista Fleischmann: Hilde Spiel. In: K. F.: Thomas Bernhard  – Eine Erinnerung. Interviews zur Person. Wien: Edition S 1992, S.  141 – 150, hier S.  146. 156 Krista Fleischmann: Rudolf BrĂ€ndle. In: ebd., S.  39 – 50, hier S.  48. 157 Schmied: Auersbergers wahre Geschichte (Anm.  47), S.  149. Vom „Streben nach eigener Billigung“ 389 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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