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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Wenn ich schreibe trägt, ist dafür ein frühes charakteristisches Beispiel: „Was Jakov Lind sagt, sagt er halt. Den Fortgang der Literatur wird er nicht aufhalten.“ 28 Bei Bernhard wie bei Handke führte die negative Aufnahme ihrer Bücher in Teilen des Feuilletons zudem, wenn man ihren entsprechenden Aussagen Glauben schenken darf, dazu, den eingeschlagenen künstlerischen Weg mit noch größe- rer Beharrlichkeit weiter zu verfolgen: Es gebe, so Handke 1973 im Interview mit dem Journalisten Christian Schultz-Gerstein, „bestimmte Arten von Verrissen oder böseren Beschreibungen  – die spornen mich an“.29 Ebenfalls 1973, im Jahr der Verleihung des renommierten Büchner-Preises, hat Handke in einem aus- führlichen Gespräch mit Manfred Durzak die Möglichkeit einer produktiven Anverwandlung kritischer Reaktionen umrissen: Sie haben vorhin schon mal gefragt, ob ich von Rezensionen oder irgendwelchen Analysen beeinflußt werde. Ich glaube das schon. In der letzten Zeit hab ich mir vor- genommen: wenn jetzt wirklich was Geduldiges erscheint, dann will ich das genau lesen, weil ich selber auch ziemlich ratlos bin  […]. Deswegen les ich doch ziem- lich genau, was da geschrieben steht und überprüf es mit meinen eigenen manch- mal relativ vagen Befürchtungen und Unsicherheiten. Und wenn etwas scharf und bedenklich ist, dann tut’s mir eigentlich ganz wohl: das spornt mich dann an, das gibt mir dann aus einer gewissen Apathie heraus, die sich sicherlich einstellt durch eine, wie Sie sagen, Kanonisierung, wieder ein Gefühl von Lebendigkeit, innerhalb des Sich-als-Schriftsteller-Fühlens.30 In einem 1975 mit Heinz Ludwig Arnold geführten Gespräch hat Handke kritischen Rezensionen zudem das Potential eingeräumt, ihn in Zeiten eigener Unsicherheit Verteidigung. Aus der Verteidigung heraus bin ich ein guter Angreifer. Ohne Anlass war ich nie Angreifer. Ich komme immer aus einem Gegenstoß heraus.“ 28 Peter Handke: Wenn ich schreibe. In: Akzente 13 (1966), H.  5, S.  467. Dazu Kap.  II, Abschnitt „Ein Buch ‚rehabilitieren‘?“. 29 Christian Schultz-Gerstein: Erinnerungen für die Zukunft. Ein Gespräch mit dem diesjährigen Büchnerpreisträger Peter Handke. In: DIE ZEIT, Nr.  43, 19. 10. 1973. 30 Manfred Durzak: Für mich ist Literatur auch eine Lebenshaltung. Gespräch mit Peter Handke. [1973] In: M. D.: Gespräche über den Roman. Formbestimmungen und Analysen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1976, S.  314 – 343, hier S.  329.  – Mehr als ein Vierteljahrhundert später hat Handke in einem Essay in der Wiener Tageszeitung Der Standard eine wichtige Unterschei- dung zwischen verschiedenen kritischen Positionen getroffen: „In-Frage-Stellen: Ja! Für jedes künstlerische Schaffen ist das fruchtbar und gut. Was aber die Journalisten jetzt machen [in der Berichterstattung zur Uraufführung von Die Fahrt im Einbaum] und zusammenschnüren, das ist kein In-Frage-Stellen, vielmehr Abschaffensdrang.“ (Peter Handke: „Laßt mein Stück in Frieden!“ Kurzer Brief an die „Edelfedern“ des Journalismus. In: Der Standard, 20./21. 3. 1999; erneut abgedruckt in: Lieber Peymann, Großfürst der Schnürböden. Dichter schreiben an den Burgtheaterdirektor. In: Die Presse, 14. 3. 2010) Kraft durch Feinde: Eine Art Epilog 405 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. Einsprüche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wären nicht so viele böse Worte zu verlieren …“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, Verbündete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche Schwätzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der Bühne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der Dürre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres Geschäft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚Natürlichkeit‘ 150
    3. Die „ästhetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses Unglück) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshändige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. Schnüffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der Lektüre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut Färber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke über/mit Ödön von Horváth 259
    7. Keine Axt für das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, Kofferträger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekärer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. Primärliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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