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68 | Ferdinand Opll
Die Entstehungszeit des Cod. 8607 Han kann somit nicht vor dem späten 16. Jahr-
hundert und sie muss infolge der Verwendung von Cod. 8609 Han und Karlsruhe
nach deren Anfertigung, infolge von Parallelen zu Dresden Nr. 11 gegebenenfalls vor
1587 liegen. Die Veränderung in seinem Aufbau
– sechs seiner Blätter finden sich jetzt
im buchbinderischen Verband des Cod. 8609 Han, die ursprünglich aus dieser Serie
stammende Karte von Kroatien und Slawonien ist sogar bei der damaligen Neu- bzw.
Erstbindung übersehen worden und ist heute als Einzelblatt erhalten213 ‒ bietet mit
annähernd der Mitte des 17. Jahrhunderts einen weiteren, freilich späten Terminus
ante quem.214 Falls tatsächlich ein Zusammenhang mit Franz von Poppendorf besteht,
müsste er etwa um 1580 entstanden sein. Seine grafische Ausführung
– sowohl die der
Zeichnungen als auch die der Schriften – weicht von dem, was in den übrigen Atlan-
ten vorhanden ist, weitgehend ab. Ob dies so zu interpretieren ist, dass es sich dabei
um eine Art Prunkausfertigung zur Vorlage beim Kaiser handelt, ist nicht absolut
auszuschließen. Dagegen spricht freilich, dass hier ein Plan von Wien und
– außer der
Schüttinsel-Karte – weitere chrorografische Karten fehlen. Und auch der Umstand,
dass in mehreren der enthaltenen Darstellungen in Form von in dünnem Bleistift
gezogenen Linien entweder ältere Situationen oder auch Projekte für Künftiges an-
gedeutet werden,215 wäre in einem Widmungsexemplar für den Herrscher eher unge-
wöhnlich, es sei denn, es handelte sich dabei um spätere Zutaten. Falls man allerdings
aus den immerhin vier Hinweisen auf von Franz von Poppendorf stammende Aus-
bau- bzw. Verbesserungsvorschläge darauf schließen darf, dass hier eine für diesen so
verdienten Militär und Festungsspezialisten in habsburgischen Diensten angefertigte
Sammlung von Kartenwerken vorliegt, so könnte sich diese Art späterer (?) Verwen-
dung und späteren (?) Gebrauchs durchaus erklären lassen.
1.6.2 Der Karlsruher Atlas
In der Abteilung Generallandesarchiv Karlsruhe des Landesarchivs Baden-Würt-
temberg, das die Überlieferung der Markgrafen von Baden verwahrt, befindet sich
unter den Planbänden im Bestand Hausfideikommiss216 unter Nr. XV eine Papier-
213 Oben S. 62 f. sowie – zu dem Einzelblatt – unten Anhang 9.1, S. 326 Nr. 1.2.
214 Siehe dazu oben S. 63.
215 So etwa bei Eger (unten Anhang 9.1, S. 359 Nr. 8), Győr (Anhang 9.1, S. 366 Nr. 11), Kisvarda (An-
hang 9.1, S.
369 Nr. 13), Komárno (Anhang 9.1, S.
371 Nr. 14), Koprivnica (Anhang 9.1, S.
375 Nr. 16),
Levice (Anhang 9.1, S. 387 Nr. 21), Ónod (Anhang 9.1, S. 403 Nr. 28), Szendrő (Anhang 9.1, S. 434
Nr. 40), Szádvár (Anhang 9.1, S. 432 Nr. 39) und Tata (Anhang 9.1, S. 437 Nr. 41).
216 Erst mit dem Abschluss des Vertrags vom 6. April 2009 zwischen dem Markgräflichen Haus Baden
und dem Land Baden-Württemberg ging die zuvor zum Hausfideikommiss gehörende Karten- und
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499