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228 | Christoph Sonnlechner
6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt
Christoph Sonnlechner
Vergleicht man nun die Wiener, Karlsruher und Dresdner »Angielini«-Darstellung
von Wien miteinander,23 so fallen große Unterschiede auf. Das Wiener Exemplar
zeigt die Basteien, Kurtinen und den Stadtgraben, über den hölzerne Brücken zu den
Toren führen, grün koloriert, den Zustand des Grabens sowie die Einleitung von Was-
ser durch den Wienfluss, den Ottakringer und den Alser Bach, die nicht vollständig
ausgebaute Donaufront mit der verbliebenen mittelalterlichen Stadtmauer samt ihren
Türmen und Toren. Eine Vorstadtbebauung ist nicht dargestellt, dafür aber der Verlauf
von Donau und Wienfluss, wobei der ihn stadtseitig begleitende künstlich geschaffene
Mühlbach nur in diesem Exemplar fehlt. Innerhalb der Stadt sind zudem öffentliche
Brunnenbauten auf den Marktplätzen, außerdem der Pranger auf dem Hohen Markt
erkennbar. Diese Objekte fehlen im Dresdner und Karlsruher Exemplar. Allen ge-
meinsam ist, dass neben der Stadt auch der stadtnächste Donauarm, zwei der Stadt
vorgelagerte kleine Inseln, der südlichste Teil des Unteren Werds und der Wienfluss
festgehalten sind. Während das Wiener Exemplar die Stadt ins Zentrum stellt, ist
diese im Karlsruher und Dresdner nach rechts gerückt, gewährt der Darstellung des
Wienflusses deutlich mehr Prominenz bzw. gibt die Vorstädte östlich und südöstlich
der Stadt wieder. Das Dresdner Exemplar weist nicht nur die Bebauung der östlichen
und südöstlichen Vorstädte auf, sondern auch noch die Siedlung im südlichen Teil des
Unteren Werds. Das Karlsruher und das Dresdner Exemplar deuten eine Bebauung
der unmittelbaren vorstädtischen Bereiche im Süden und Südwesten in Form von
Baublöcken an, das Karlsruher Exemplar darüber hinaus auch noch im Westen vom
Schottentor beginnend bis zum Wiener Donauarm. Zudem ist im Karlsruher und
Dresdner Plan an einigen Stellen Staffage vorhanden, die im Wiener Plan gänzlich
fehlt. So sehen wir Boote auf dem Donauarm und Figuren auf der Landzone vor dem
Rotenturmtor. In der Dresdner Variante, die wegen der belebend wirkenden Farbigkeit
heraussticht, nähern sich einige Personen, darunter ein Reiter und ein Pferdewagen,
dem Schottentor vom Glacis her.
6.2.1 Die Gewässertopografie im direkten Umland der Stadt
Auf den »Angielini«-Plänen von Wien wird ein klares Interesse am Wienfluss und der
Besiedlung entlang dieses Flusses und an dem zwischen Wienfluss und Stadtmauer
gelegenen Mühlbach deutlich. Der Dresdner Plan zeigt auch noch die Besiedlung im
23 Dazu siehe auch die gesamte Autopsie hier im Band, S. 221–304.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499