Seite - 268 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Bild der Seite - 268 -
Text der Seite - 268 -
268 | Heike Krause
6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine
Von dem seiner Funktion beraubten Werdertor setzte sich die mittelalterliche Stadt-
mauer an der Donaufront fort. Bis zur Westseite der sogenannten Piattaforma sind
drei weitere, auch anderweitig überlieferte Stadtmauertürme (Petreinsturm, Speng-
lerturm und der Turm des Salztores) erkennbar (siehe unten nach S. 312 Tafeln 2‒3 ;
Abb. 54). Vergleicht man diesen Verlauf mit anderen Plänen, so dürften die mehrfa-
chen Abwinklungen der Stadtmauer in den »Angielini«-Plänen überbetont worden
sein und nicht der Realität entsprochen haben. Allein im Karlsruher Plan weist das
Salztor einen Rundbogendurchgang auf, ebenso die noch vor ihm dargestellte mit-
telalterliche Zwingermauer. Der Zugang durch sie ist auch im Wiener Exemplar an-
gedeutet. Allerdings erscheint diese hier als Doppelmauer. Die mit einem Walmdach
abschließenden Mauertürme wirken recht schematisch, ähneln einander, sind jedoch
in ihrer Größe verschieden. Weit vor die Stadtmauer ist eine weitere Mauer – eine
neue Kurtine – gesetzt, die bis an die Donau reicht und einen Teil des Arsenalkanals
begrenzt. Diese reicht bis zur sogenannten Piattaforma und besitzt mehrere kleine
Zacken – fünf bzw. sieben an der Zahl –, die als »Eisbrecher« zum Schutz der Mauer
dienten.141 Den Baufortschritt in diesem Abschnitt überliefert uns wiederum eine von
Albert Camesina kopierte, heute im Original nicht mehr aufzufindende Planskizze
(wie oben S. 177 Abb. 27).142 Es wird daraus die typische Mauerkonstruktion mit den
in regelmäßigen Abständen in den Wallkörper reichenden Strebepfeilern sichtbar,
die die Kurtine stabilisieren und gegen das Breschieren schützen sollten. Sie weist
an ihrer Außenseite ebenso fünf »Eisbrecher« auf. Zudem ist eine zusätzliche Mauer
im Bau, die von der Nordwestecke der Piattaforma auf die Kurtine zuläuft und noch
vor dem östlichsten Zacken an diese anbindet. Diese Mauer fehlt nicht nur auf den
»Angielini«-Plänen, sondern auch auf allen anderen derzeit bekannten Plänen aus der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Es liegt der Verdacht nahe, dass diese möglicher-
weise nicht zum geplanten Abschluss kam.
6.3.8 Piattaforma
Die sogenannte Piattaforma, die direkt an die Donau stößt, ist in allen drei Versionen
der »Angielini«-Pläne von gleicher Gestalt (unten nach S. 312 ; S. 188 Abb. 32 und
141 Diese Mauer ist auch in der Skizze des Bartolomeo de Rocchi (unten Anhang 9.7, S.
489 Nr. 19 ; unten
nach S. 312 Tafel 11) wiedergegeben, allerdings mit weniger »Zacken«.
142 WStLA, Kartographische Sammlung : Allgemeine Reihe, Pläne und Karten : Sammelbestand,
P1.220/4.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499