Seite - 230 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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230 | Christoph Sonnlechner
diesem Abschnitt wiedergegeben. Er sollte wohl grasende Tiere oder auch die Gär-
ten bearbeitende Menschen vor dem Absturz schützen. Nördlich davon verläuft die
Kante stadtnäher auf der anderen Seite des Mühlbachs bis zur Donau. Im Karlsruher
Exemplar ist die Geländekante mit Strichen dargestellt, im Dresdner durch dunkel-
braune Einfärbung. In beiden sind die Schotterbänke des breiten Wienflussbeckens
anschaulich ausgeführt, ebenso die sechsjochige gemauerte Brücke über die Wien,
welche die Landstraße mit der Zone zwischen Wienfluss und Stadtmauer bzw. der
Stadt verband.
Ein Dorn im Auge war den Militärs auch die Bebauung der Fläche zwischen Wien-
fluss und Stadtgraben bzw. Stadtmauer. Insbesondere der im Karlsruher und Dresdner
»Angielini«-Exemplar prominent gezeichnete Mühlbach mit seinen Mühlen und stei-
nernen Wehren sollte entfernt, die technischen Einbauten sollten zerstört werden. Der
gesamte Bereich sollte möglichst eingeebnet werden. Sogar die Einleitung der Wien
in die Stadt zu Reinigungszwecken wurde erwogen.27
6.2.2 Die Vorstädte – ein Problem der Verteidigung
Vorstädte sind im Mittelalter vor dem Stuben-, Kärntner-, Widmer-, Schotten- und
Werdertor belegt, und zwar unmittelbar vor dem Stadtgraben.28 Sie befanden sich zwi-
schen der Stadtbefestigung und der Burgfriedensgrenze. Im 15. Jahrhundert wurden
die Vorstädte mit Türmen, Gräben,29 Wällen, zum Teil auch mit Mauern30 und Zäu-
27 Ebd., 93 : Der rain so beim Ochsengrieß, unnd darauf die weingarten hinaus ligen, ist diser statt auch schedlich,
der kundte durch das mittl, wan die Wien von den müllgraben in irem rechten rin soll gelait, derselb mullgraben,
item die stainern wüehrn weggebrochen unnd eingeebnet, allgemach hinwegk geraumbt werden, unnd wan die
Wien groß ist, sondere leut da seyen die mit hawen unnd schauffeln under grueben, würde das wasser denselben
rain immerdar weiter hinweg nemen unnd weiter von der statt seczen. Es solle auch bedacht unnd nachgesehen
werden, ob die Wien oder ein ander pach in die statt gelaitt unnd hiedurch die fürnemisten gassen gefüert, die
gassen dardurch sauber gehalten werden mochten. Wenn hier von Weingärten zu lesen ist, so lassen sich
diese in den »Angielini«-Plänen nicht explizit ersehen. Es ist allerdings zu betonen, dass die Karlsruher
und die Dresdner Version lediglich Gartennutzungen in diesem Bereich andeuten, aber nicht auf Kul-
turen eingehen. Wolmuet (Anhang 9.7, S. 484 Nr. 6) gibt 1547 definitiv Weingärten in diesem Bereich
wieder.
28 Dieses Unterkapitel stützt sich vor allem auf Krause, Die Erste Türkenbelagerung ; konkret auch
Kutzlnigg, Befestigungs- und Kriegswesen, 292.
29 2014/15 gelang der Nachweis eines breiten spätmittelalterlichen Grabens der Vorstadt St. Niklas vor
dem Stubentor. Adler-Wölfl/Mosser, Archäologie am Rochusmarkt, 39–42. .
30 Dargestellt in der Rundansicht des Niklas Meldeman (unten Anhang 9.7, S. 483 Nr. 2), Mauer um die
Vorstadt vor dem Schottentor (»zwischen den zwei Mauern«) ; siehe zu dieser Vorstadt Brauneis, Vor-
stadt zwischen den Mauern, 153‒161.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499