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278 | Heike Krause
konnten.166 Aus Thoman Eiselers Ausführungen vom 11. September 1563 geht hervor,
dass der mittelalterliche Torturm, die Stadtmauer und ein daneben befindliches, beim
Predigerkloster liegendes Gebäude abgebrochen werden sollten, um das dadurch frei
werdende Steinmaterial in die neue Kurtine verbauen zu können.167 Thoman Eiseler
wies im September 1563 darauf hin, dass er in ein oder zwei Monaten mit dem Bau des
neuen Tores beginnen wolle, und gibt damit einen Hinweis auf den Baubeginn.168 Das
neue Stubentor zeigen die drei »Angielini«-Pläne von Wien als einen etwas über die
Kurtine ragenden Bau von rechteckigem Grundriss. Der obere Abschluss ist als eine
Art Plattform dargestellt. Der Zugang weist ein einfaches Rundbogentor auf und er-
folgte wie auch bei den anderen Stadttoren über eine mit einem Aufzugsmechanismus
ausgestattete Brücke. Der Torbau war allerdings nicht im rechten Winkel, sondern
tatsächlich leicht schräg in die Kurtine eingebunden, wie es ein Vermessungsplan aus
dem Jahr 1829 und eine archäologische Dokumentation zeigen.169 Die fertiggestellte
Kurtine verläuft auf den »Angielini«-Plänen von der Bastei bei den Predigern über die
Untere Paradeisbastei bis zur Oberen Paradeisbastei in einer geraden Linie, was auch
der Realität entsprach.
6.3.13 Untere Paradeisbastei
Die 1555 fertiggestellte Untere Paradeisbastei ist wie auch die Bastei bei den Predi-
gern einer der kleineren Bauten. Sie ist relativ schmal und langgestreckt und weist
einen äußerst stumpfen Bastionswinkel auf. Wir blicken in den »Angielini«-Plänen
von Wien von Norden auf die Bastion und können in ihren nördlichen Flankenhof
schauen (siehe unten nach S. 312 Tafeln 2‒3 und oben S. 276 Abb. 57). Bei allen drei
Exem plaren sind zwei hohe rundbogige Öffnungen sichtbar, die von der Plattform
des Hofes in die Kasematten der Bastion führen. Diese Öffnungen sind auch durch
andere Ansichten und Pläne überliefert, so durch eine Skizze von Tilemann Stella aus
dem Jahr 1560 (wie oben S. 175 Abb. 24) oder durch den Plan der Brücke über den
166 Eine vom 30. Juni 1562 stammende Antwort Eiselers an den Kaiser bezieht sich auf seine am 21. Juni
aus Prag versandte Anfrage, wie weit die Tätigkeiten seit seinem Weggang aus Wien gediehen seien.
Da hierin die 42 Klafter lang aus dem Grund geführte Kurtine ebenfalls genannt wird, gibt sie uns
einen Hinweis auf die Datierung (NÖHA W 61/C/3/B, 1562 Juni 30, fol. 736r). Die Außenmauer der
Kurtine mit Strebepfeilern wurde im Zuge des U-Bahn-Baus im Bereich Stubentor 1985 freigelegt, vgl.
Pohanka, Stadtbefestigung, 33–46 Taf. 1.
167 Camesina, Urkundliche Beiträge, 82 Nr. XXX.
168 Camesina, ebd., 82.
169 WStLA, Kartographische Sammlung, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P7/1.100832
– 1., Stadt-
torbrücke beim Stubentor ; Pohanka, Stadtbefestigung, 39 Taf. 1.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499