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290 | Heike Krause
der Kurtine auf die Plattform der Bastion, wie es zum Beispiel auch ein Grundriss der
neuen, erhöhten Kurtinen zwischen der Bastei beim Burgtor und der beim Kärntner
Tor aus dem Jahr 1672199 sowie der Stadtplan von Daniel Suttinger von 1684 zeigen.
Im Karlsruher Exemplar scheinen sich dagegen die zurückgezogenen Flankenmauern
bis zur Face des Kavaliers fortzusetzen. Zudem sehen wir ein Rundbogentor links der
Bastion innerhalb der Kurtine, das dem grabenseitigen Kärntner Toreingang entspre-
chen dürfte. Dieser kann allerdings von dieser Betrachterperspektive aus nicht sichtbar
gewesen sein. Unmittelbar links von ihm ist eine Art Traverse eingezeichnet, die den
Zugang zum östlichen Kurtinenabschnitt sperrte. Sie ist auf den zwei anderen Vari-
anten nicht vorhanden. Im Dresdner Exemplar fehlen alle diese Quermauern auf der
Kurtine, dafür sind ein erhöhter Mauerabschnitt oberhalb des Tores sowie eine kreis-
förmige Öffnung im Kehlbereich der Bastion zu beobachten.
6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm
Von der breiten Kurtine westlich der Bastei beim Kärntner Tor führt eine Rampe zur
Stadt hinunter. An dieser Stelle sind zwei langgestreckte, parallel zueinander stehende
Bauten zu sehen, die quer zur Kurtine positioniert sind und nicht mit der Befestigung
in Zusammenhang stehen.200 Die an dieser Stelle sowie nahe dem Augustinerkloster
gelegene Rampe auf den Wall ist auf dem im Kriegsarchiv in Stockholm aufbewahr-
ten Grundrissplan der Wiener Stadtbefestigung ebenso zu finden (unten nach S. 312
Tafel 9).201 Hinter den genannten Objekten verläuft ein schmalerer Wall, der durch
Schraffuren im Karlsruher und Dresdner Exemplar angedeutet wird. In diesem Ab-
schnitt blieb vorerst die mittelalterliche Stadtmauer bestehen, in den der vor die Mau-
erflucht springende sogenannte Augustinerturm eingebunden war. Die Stadtmauer
weist in den »Angielini«-Plänen keine Zinnen auf (siehe oben S.
287 f. Abb. 65‒67), wie
sie in jüngeren Plänen wie dem des Stromer von Reichenbach (unten nach S.
312 Tafel
12) und im sogenannten Schlierbach-Plan von Wien des Job Hartmann von Enenkel
noch sichtbar sind. Hier wie auch in der Dresdner Variante des »Angielini«-Plans
von Wien hat der Augustinerturm kein Dach. Das entspricht auch der Darstellung in
199 KA KPS KVIIe 152-2 E : Eigendlicher grund-riß der new erhöchten Cortinen zwischen der Burck- und
Kärner bastey sambt denen daran stossenten gebeüen 1672 ; abgebildet in : Broucek u. a., Atlas zur Zwei-
ten Türkenbelagerung Wien 1683, 19.
200 Siehe dazu hier im Buch S. 303. Entweder gehörten sie zur Gießhütte, die 1543 von der Stadt Wien
erworben wurde (vgl. die Bezeichnung im Plan des Bonifaz Wolmuet von 1547), oder zum Augus-
tinerkloster (Wirtschaftsgebäude), oder das eine gehörte zu jenem, das andere zu diesem. Vgl. Opll/
Scheutz, Schlierbach-Plan, 79 f. und Abb. 35.
201 Unten Anhang 9.7, S. 486 Nr. 13/1.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499