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292 | Heike Krause
6.3.18 Stadtgraben
Der Stadt- bzw. Festungsgraben umgab das eigentliche Festungswerk mit seinen Bas-
teien und Kurtinen als breiter Sohlgraben mit ein- und ausspringenden Winkeln als
zusätzliches Annäherungshindernis. Dieser Graben begann östlich der Biberbastei
und verlief im Uhrzeigersinn bis zur Neutorbastei im Nordwesten, wo er direkt in den
Donauarm mündete. Während im Wiener Exemplar der »Angielini«-Pläne von Wien
die Kontereskarpe lediglich als Punktelinie erscheint, ist sie im Karlsruher Exemplar
als gemauert dargestellt und auch in der Dresdner Variante ist eine Mauer angedeutet
(siehe unten nach S.
312 Tafeln 1‒3). Lediglich die Zone von der Spitze der Elendbastei
bis zur Mündung bei der Neutorbastei kann möglicherweise als Erdböschung inter-
pretiert werden. Die Mauer der Kontereskarpe war im Abschnitt der der Donau zu-
gewandten Face der Biberbastei wohl zur besseren Sicherung und Festigkeit erhöht.204
Der Ottakringer Bach mündet zwischen der Bastei bei dem Burgtor und der Bastei
zwischen dem Burg- und Schottentor in den Stadtgraben ; ungefähr auf der Höhe der
Bastei beim Schottentor tritt der Alser Bach hinzu (wie oben S. 256 Abb. 49).205 Beide
bewässerten rinnsalartig den nördlichen Grabenabschnitt und führten vereint bis zur
Donau. Der Stadtgraben erscheint im Bereich unterhalb der Elendbastei bis zur Ein-
mündung in die Donau als komplett feuchter Graben. Dieser Wasserstand konnte
allerdings jahreszeitlich bedingt schwanken. Im Karlsruher Exemplar führen sowohl
Ottakringer als auch Alser Bach durch eine rundbogige Öffnung durch die Konteres-
karpe. Im Dresdner Plan fehlt die Einmündung des Alser Bachs. Diese ist dagegen in
der Skizze von Carlo Theti von 1576 verzeichnet, wo allerdings die des Ottakringer
Bachs fehlt.206 Letztere findet sich aber in jüngeren Plänen wieder, so im Plan des
Wolf Stromer von Reichenbach um 1595–1603 (unten nach S.
312 Tafel 12) und im so-
genannten Schlierbach-Plan aus dem frühen 17. Jahrhundert,207 wobei diese einen an-
deren Ablauf, nämlich nach Südosten, zeigen. Schriftlich überliefert ist auch, dass man
sich 1549 um die Bewässerung des Stadtgrabens auf der Ostseite bemühte, in dem ein
Zulauf vom Wienfluss aus geschaffen werden sollte.208 An der Stelle des Grabens um
204 Aus einem undatierten Bericht von Thoman Eiseler (um 1563) geht hervor, dass die äußere Mauer
verlängert werden sollte, sodass der Rote Turm bedeckt sei (Camesina, Urkundliche Beiträge, 84 Nr.
XXXII). Tatsächlich wirkt der Abschluss des Grabens im Westen in den »Angielini«-Plänen proviso-
risch und durch keine Mauer gesichert. Der Plan der Befestigung aus dem Königlichen Kriegsarchiv
in Stockholm (siehe unten nach S. 312 Tafel 9) zeigt dagegen bereits Mauerwerk.
205 Im Plan des Bonifaz Wolmuet von 1547 mündet der Alser Bach gegenüber vom Schottentor in den
Stadtgraben (Tafel 8, rechter Bildrand in der Mitte), vgl. Eberle, Wien als Festung, 260.
206 Siehe unten Anhang 9.7, S. 489 Nr. 21.
207 Siehe unten Anhang 9.7, S. 489 und 491 Nr. 22 und 24.
208 Siehe hier im Buch, S. 176 f.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499