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282 | Heike Krause
ses gewesen sein muss. Am deutlichsten wird die Situation auf dem Wiener Exemplar.
Ein langes, schmales Gebäude trägt ein Satteldach. Zugänge von der Seilerstätte in das
Objekt sind hier und auch im Dresdner Exemplar angedeutet. Auch im Plan der Be-
festigung von Wien von Domenico Zenoi aus dem Jahr 1566 sind Bauten am Standort
des Unteren Zeughauses angedeutet (unten nach S.
312 Tafel 10). In der Planskizze des
Bartolomeo de Rocchi um 1568 ist das Areal als Casa di monicione beschriftet (Tafel
11). Der Plan der Festung Wien im Königlichen Kriegsarchiv in Stockholm weist es
in der Legende als Zeug- und Gießhaus aus (Tafel 9).184 Damit dürfte hinreichend be-
legt sein, dass ab 1558 Gebäude auf diesem Zeughausareal entstanden. In den Jahren
2006/07 fanden im Keller des heutigen Etablissements Ronacher in der Seilerstätte
Ausgrabungen statt, die eine Partie der Kurtine sowie Mauerreste des Zeughauses auf-
deckten.185 Ein Stadtmauerzug, auf den eine frühneuzeitliche Mauer aufbaute, konnte
bei Baubeobachtungen während Aushubarbeiten für neue Wasserleitungsrohre im Jahr
2014 in der Seilerstätte dokumentiert werden.186
6.3.15 Obere Paradeisbastei
Die an der Südostecke der Stadt gelegene Obere Paradeisbastei ist in den »Angielini«-
Plänen zutreffend als größte Bastion der Festung dargestellt. Der annähernd recht-
winklige Saillant stimmt ungefähr mit der tatsächlichen, nur geringfügig stumpfwink-
ligen Situation überein. Die bauliche Beschaffenheit als Bastion mit zurückgezogenen
Flankenhöfen, Kordongesims und Brustwehr wird in ähnlicher Art und Weise auf allen
drei Planvarianten mit den üblichen, im Detail leicht abweichenden Variationen wie-
dergegeben (Abb. 60‒62). Ein rundbogiger Kasemattenzugang in der Bastionskehle
ist nur auf dem Wiener und Karlsruher Exemplar eingezeichnet. Diesen Zugang zeigt
auch der Stadtplan von Daniel Stuttinger von 1684 (Abb. 63) und zuletzt auch der
Übersichtsplan der Souterrains in den Umfassungsmauern Wiens aus dem Jahr 1858.187
Tilemann Stella erwähnt 1560 bei der Oberen Paradeisbastei, dass darauff […] die
schiff welche man zu pruckhen pflegt zugebrauchen (= Pontonbrücken) lägen. Sie hätte
auch ein Intersitium (wohl Interstitium = Zwischenraum ?) im Graben und an dem
Winkel α (Abb. 64), ein Gebäude oder ein gewölbtes Häuslein, das zu einer Was-
serkunst gehöre.188 Laut Skizze ist damit der Standort auf der ausspringenden Ecke
184 Unten Anhang 9.7, S. 486 Nr. 13/1.
185 Mader, Ronacher, 56–73.
186 Mosser, Wien 1, Seilerstätte, 267 f.
187 WStLA, Kartographische Sammlung, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P7/1.105.502/1–9 bzw.
WM Inv.-Nr. 19.458 : Uibersichtsplan sämtlicher Souterrains in den Umfassungsmauern 1858, 9 Blätter.
188 Camesina, Urkundliche Beiträge, Nr. XXXVI 96 Anm. 3 mit einer Zusammenstellung von Schriftquel-
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499