Seite - 101 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen
kartografischen Zeugnissen
Ferdinand Opll
3.1 Ungarn auf frühen Karten
Die fünf »Angielini«-Atlanten in Wien, Karlsruhe und Dresden widmen sich in to-
pografischer Hinsicht vor allem dem Raum des ungarischen Königreichs während des
16. Jahrhunderts. Nach modernen Begriffen sind damit Gebiete der heutigen Länder
Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Ungarn, der Slowakei und der Uk-
raine sowie Rumänien erfasst, und aus dem Bereich der heutigen Republik Österreich
sind mit Wien und Graz die beiden militärischen Organisationszentren der Türken-
abwehr einbezogen. Im Kontext der – nicht selten militärischen – Begegnung zwi-
schen dem christlichen Westen des Reiches wie Ungarns und dem islamischen Osten
des Osmanischen Reiches stieß der gesamte südosteuropäische Raum im Hinblick
auf seine geografische Beschaffenheit und die landschaftlichen Gegebenheiten schon
früh auf hohes Interesse der politisch entscheidenden Kreise.1 Dem entspricht, dass
bereits aus dem späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert eine erste Karte überliefert ist,
die den Raum zwischen der ungarischen Ostgrenze und dem Bosporus, dabei auch
den unteren Verlauf der Donau zeigt und zahlreiche Festungen im Aufriss bietet, die
entweder unter christlicher (Fahne mit Kreuz) oder osmanischer Herrschaft (Fahne
mit Halbmond) stehen. Diese heute in der Bibliothèque Nationale in Paris, bis 1688
allerdings in Istanbul befindliche kolorierte Karte, die Teil eines Traktats (Tractatus
de re militari et machinis bellicis) ist, wird in der Forschung unterschiedlich datiert,
wobei die Zuweisungen vom Ende des 14. Jahrhunderts bis in die Zeit um 1470 rei-
chen.2 Nach dem hier verwendeten Stadtnamen Chostantinopoli und der Darstellung
der christlichen Fahne über deren Vedute stammt die Karte jedenfalls aus der Zeit
vor der Eroberung der Hauptstadt des Byzantinischen Reiches durch Sultan Meh-
met II. im Jahre 1453.3 Da sie das Siegel des Sohnes und Nachfolgers Mehmets II.,
1 Nur wenig befriedigende, knappe Übersichten haben Patay, Die kartographische Darstellung Ungarns,
69–80, und – in einem etwas breiteren Rahmen – Vann, Mapping, 153–167, vorgelegt.
2 Born, Festung und Grenze. – Eine Abbildung samt Datierung in die Zeit um 1470 findet sich bei
Veszprémy, Balkankarte, 442 f. Kat.-Nr. 5.1.
3 Banfi, Two Italian maps, 17–36, hier : 22, der die eingehendste Untersuchung des Karteninhalts vor-
gelegt hat, weist die Karte der venezianischen Schule der Kartografie zu und verlegt ihre Entstehung in
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Titel
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Untertitel
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499