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sich teilweise aus Autorinnen und Autoren des „PLAN“ zusammensetzte und
brachte im „Lynkeus“ Texte von Emigranten und jüngeren Autorinnen und
Autoren seines Kreises. Wie sich Okopenko erinnert, „verlief sich der Hakel-
kreis“ um 1949/50 und ging teilweise zu dem „zweiten bedeutenden Jugendför-
derer Hans Weigel“.81
In den acht Heften des „Lynkeus“, dessen einziges Anliegen die Literatur war,
wechselten Prosastücke und Lyrik einander ab, besonders wichtig war die Rub-
rik „Der österreichische PEN-Club stellt vor“, die die letzten zehn Seiten ein-
nahm und sechs junge Autorinnen und Autoren jeweils mit mehreren Textpro-
ben präsentierte: ein Werbeeffekt, der durchaus eine Neuerung darstellte, da
trotz Rezensionen in anderen Zeitschriften weder Erhältlichkeit noch Informa-
tion von bzw. über Bücher selbstverständlich waren. Ab Heft Nummer 3 zeich-
nete Gerhard Fritsch als „verantwortlicher Redakteur“, der damit seine Karriere
als Herausgeber begann. Als Zeitschrift erschien der „Lynkeus“ bis zur Doppel-
nummer 5/6 im Frühjahr 1950, dieses Heft stellte inhaltlich sowohl „im eigenen
Zusammenhang des ‚Lynkeus‘ als auch innerhalb der Literaturlandschaft Öster-
reichs dieser Jahre eine Besonderheit dar“,82 denn das Thema lautete „1939 bis
1945“. Gerhard Fritsch sammelte, wie er im Vorwort des Heftes schrieb, „Gestal-
tungen des Erlebens der Jahre 1939 bis 1945, als Zeugnis, Bericht und Zeichen
menschlichen und künstlerischen Bemühtseins, um endgültig zu überwinden,
was scheinbar schon vor viereinhalb Jahren zu Ende ging.“83
Zwischen März 1946 und November 1952 gab Ernst Schönwiese, der für den
US-amerikanischen Besatzungssender „Rot-Weiß-Rot“ in Salzburg arbeitete,
die Zeitschrift „das silberboot“ heraus. Schönwiese knüpfte damit an die Vor-
kriegszeit an, als die Zeitschrift zwischen 1935 und 1936/37 erschienen war und
versammelte etablierte österreichische, aber auch internationale Schriftstelle-
rinnen und Schriftsteller. Im „silberboot“ sind jedoch weder die jüngere Gene-
ration noch die modernen Strömungen wie Surrealismus oder Dadaismus ver-
treten.84
Wichtig war auch die Anthologie „Tür an Tür“, die in unregelmäßiger Folge
zwischen 1950 und 1955 erschien, die von Rudolf Felmayer im Auftrag der Stadt
Wien herausgegeben wurde. Felmayer fungierte als Referent für Lyrik bei der
RAVAG. Es sei auch noch auf die von Josef Friedrich Fuchs herausgegebene
Wochenzeitung „Der Optimist“ verwiesen, die ab Februar 1948 in neun Folgen
81 Okopenko: Die schwierigen Anfänge österreichischer Progressivliteratur nach 1945, S. 14.
82 Pfeiffer: Scheideweg der Worte, S. 138.
83 Gerhard Fritsch: Dieses Heft… In: Lynkeus 3 (1950), H. 5/6, S. 1–3, hier S. 1.
84 Vgl. Wischenbart: Der literarische Wiederaufbau, S. 30–35; Ursula Weyrer: „Das Silberboot“.
Eine österreichische Literaturzeitschrift (1935–36, 1946–52). Innsbruck: AMŒ 1984 (= Inns-
brucker Beiträge zur Kulturwissenschaft 22).
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
64 Der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437