Seite - 82 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Bild der Seite - 82 -
Text der Seite - 82 -
chischen Schriftstellers erleichtern und die Resonanz seiner Werke erhöhen“
sollte, schreibt Hilde Spiel in einem Essay über die österreichische Literatur nach
1945.4
Klaus Zeyringer konstatiert hinsichtlich der ÖGL nur in einem Satz, dass die-
se „zunächst noch den alten Kanon“ gehütet habe, jedoch 1966 „immerhin Frie-
derike Mayröcker eingeladen“5 wurde, spricht aber an anderer Stelle, ausgehend
von literaturhistorischen Prämissen, nur davon, dass die ÖGL eine jener Struk-
turen des Literaturbetriebs gewesen sei, die zur Öffnung der literarischen Öffent-
lichkeit in Österreich übergeleitet habe.6 Dieselbe nicht weiter vertiefte Aus-
führung findet sich in Eine Literaturgeschichte. Österreich seit 1650 von
Zeyringer und Gollner.7
Viktor Suchy bemerkt, dass für die literarische Auseinandersetzung mit den
1960er Jahren die ÖGL „entscheidend und bedeutsam“ sei und bezeichnet sie
als „ein ‚österreichisches Wunder‘ in der provinziellen Enge und geistigen Ver-
steppung der zweiten Republik“, die dazu beigetragen habe, dass sich ein „stets
noch wachsende[s] Publikum [...] für die Probleme der Literatur, für Dichtung
in- und außerhalb Österreichs zu interessieren und zu begeistern begann“.8
Suchy streicht im Zusammenhang mit dem Gelingen dieses Projekts das Orga-
nisationstalent von Kraus und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraus.
In der Literaturgeschichte von Herbert Zeman kommt Kraus mit dem Essay
Zwischen Trümmern und Wohlstand. Das literarische Leben in Österreich von
1945 bis zur Gegenwart selbst zu Wort. Er äußert sich über die Gründung der
ÖGL wie folgt: „Alle bestehenden Literaturströmungen sollten am gleichen Ort
an die Öffentlichkeit treten können, sie sollten dadurch in den Zeitungen, Zeit-
schriften, den Massenmedien stärker beachtet werden und ein weitaus größeres
und besser informiertes Publikum vorfinden als bisher. […] Vor allem sollte das
Publikum nachdrücklich zur neuen Literatur und ihren Autoren herangeführt
werden und damit für diese Autoren ein Forum entstehen.“9 In seinen Tage-
4 Hilde Spiel: Die zeitgenössische Literatur Österreichs. In: Dies. (Hg.): Die zeitgenössische Lite-
ratur Österreichs. Zürich, München: Kindler 1976 (= Kindlers Literaturgeschichte der Gegen-
wart), S. 13–127, hier S. 95.
5 Kraus selbst findet bei Zeyringer keine Erwähnung. Vgl. Zeyringer: Österreichische Literatur
seit 1945, S. 73 f.
6 Vgl. Klaus Zeyringer: Literarische Öffentlichkeit in Österreich. In: Horst Albert Glaser (Hg.):
Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1995. Eine Sozialgeschichte. Stuttgart, Wien: Haupt
1997 (= UTB 1981), S. 147–160.
7 Vgl. Klaus Zeyringer, Helmut Gollner: Eine Literaturgeschichte. Österreich seit 1650. Inns-
bruck: Studien-Verlag 2012.
8 Viktor Suchy: Literatur in Österreich von 1945 bis 1970. Strömungen und Tendenzen. 2. über-
arb. Aufl. Wien: Dokumentationsstelle für österreichische Literatur 1973, S. 41.
9 Wolfgang Kraus: Zwischen Trümmern und Wohlstand. Das literarische Leben in Österreich
von 1945 bis zur Gegenwart – ein Essay. In: Herbert Zeman (Hg.): Geschichte der Literatur in
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
82 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437