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punkt. Das Bundesministerium für Unterricht betraute die „Grillparzer- Gesellschaft“
mit der Umsetzung, als Ausführende agierten Gerhard Rindauer und Kurt
Benesch, der ab 1961 auch in der ÖGL arbeitete. Es erschienen zwischen 1957
und 1960 monatlich die Informationsblätter „Literatur aus Österreich“13 in drei
Sprachen, die jährlich mit 100.000 Schilling subventioniert wurden. Wie Viktor
Suchy berichtet, nahmen ausländische Institutionen diese „Aktion zur Propa-
gierung der österreichischen Literatur“14 positiv auf. Darüber hinaus wurde
Dokumentationsmaterial für Verlage im Ausland versandt, dabei aber gleichzei-
tig erwogen, die deutsche Ausgabe der Informationsblätter durch die Literatur-
zeitschrift „Wort in der Zeit“ zu ersetzen. Immerhin erhielt die „Grillparzer-Ge-
sellschaft“ 1959 eine Sondersubvention in der Höhe von 126.000 Schilling.
Dennoch waren die Aktivitäten zur sehr der traditionellen Literatur verpflichtet,
um einen erweiterten kulturpolitischen Akzent zu setzen.
In einem Brief von Alfred Weikert, einem Ministerialrat des Bundesministe-
riums für Unterricht unter Heinrich Drimmel, an Rudolf Henz, der in nucleo
bereits die Idee zu einer „Gesellschaft für Literatur“ enthält, bedauert er, dass
„es nicht gelungen ist, die Grillparzer-Gesellschaft zu aktivieren bzw. einen Ver-
ein zu gründen, der sich mit der österreichischen Literatur und mit dem öster-
reichischen Autor befasst, ihn pflegt und fördert“:
Es wäre dies der schon so lange herbeigewünschte, verlängerte Arm des Bundes-
ministeriums für Unterricht. Auch hier wäre für die Zeitschrift ‚Wort in der Zeit‘
ein wertvolles Mittel gewesen, sich ein Fundament zu schaffen, von dem aus so
manche Anregungen aufgegriffen werden können, oder mit Hilfe dieses Vereins
hätten so manche Tagungen, Vorträge, Kurse, durchgeführt werden können, die
letzten Endes wieder ‚Wort in der Zeit‘ zugute gekommen wären.15
Diese Überlegungen zeigen deutlich, dass von staatlicher Seite ein Forum ein-
gerichtet werden sollte für die exklusive Propagierung der österreichischen Lite-
ratur. Federführend war dabei Weikert, bis 1965 Sektionschef im Unterrichts-
ministerium, gegen den in den 1960er Jahren aufgrund der Veruntreuung von
Subventionsgeldern prozessiert wurde. Dennoch gingen auf Weikerts Förderung
die Gründung eines „Ost-Südost-Instituts“, die Literaturzeitschrift „Wort in der
Zeit“ und auch die ÖGL zurück. Kraus war Weikert sowohl politisch als auch
der Grillparzer-Gesellschaft 18 (1991/92) 3. F., S. 1–207, hier S. 126.
13 Die deutschsprachige Ausgabe der Broschüre „Literatur aus Österreich“, im Gegensatz zu ihren
englischen bzw. französischen Fassungen, die noch bis 1966 erschienen, wurde mit der Grün-
dung der ÖGL 1961 eingestellt.
14 Suchy: Hundert Jahre Grillparzer-Gesellschaft, S. 128.
15 Alfred Weikert an Rudolf Henz, 30. Juni 1960, Dokumentationsstelle für neuere österreichi-
sche Literatur, Nachlass Rudolf Henz, Karton 19/V [im Folgenden als NL RH zitiert].
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
84 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437