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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Seite - 185 -
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An dieser Stelle soll nur eine kursorische Darstellung der Eingeladenen aus dem Osten erfolgen, während die durchaus transnationale Rolle, welche die ÖGL im kulturellen Kalten Krieg spielte, in einem späteren Kapitel genauer analysiert wird (vgl. Kapitel 6). Kraus hat sich auf jeden Fall sofort ganz auf Kreiskys kultur- politische Linie gestellt, wenn er etwa affirmativ die österreichische Kulturpolitik lobt, da für diese nun die „hinter dem Eisernen Vorhang beheimateten Themen und Schauplätze“ immer mehr an Bedeutung gewinnen würden: „[M]an sucht Aufschluß über die Situation in den östlichen Staaten, über ihre Vergangenheit und damit über ihre mögliche Zukunft“.385 Wie ein kulturpolitischer Seismograph hat der überaus gut informierte Kraus diese Schwerpunktsetzung gen Osten regis- triert und adaptiert. Es war ein „weicher“ Antikommunismus, den Kraus nach außen hin postulierte, der auf Kommunikation und Verständnis sowie unmittel- bare Hilfestellungen für intellektuelle Dissidenten setzte, um sie gegen das kom- munistische System in Schutz zu nehmen und ihnen Möglichkeiten im Westen zu bieten. Wie Erich Fried bemerkt hat, war Kraus eine „keineswegs nur intellektu- elle, sondern auch tief aus dem Gefühlsleben“ kommende „Abneigung gegen die Sterilität des kalten Krieges“386 zu eigen. In der Anfangszeit des Kalten Krieges hatte es nur wenige Kontakte auf kulturellem Gebiet gegeben, und wer wie Kraus „von den ersten Möglichkeiten an über die Grenzen ging, wusste mit Notwendig- keit“387 über die kulturelle Situation hinter dem „Eisernen Vorhang“ mehr als andere. In einem Aufsatz von 1961 berichtet er über die interne Strategie der KPd- SU, die der „gewaltigen, nichtkommunistischen Majorität im eigenen Land, und vor allem den Intellektuellen“ zeige, dass „sie vom Westen nichts mehr zu erwar- ten“ hätten. Kraus’ Argument war, es solle mittels „Hilfe durch Verstehen, durch Miterleben, durch Nützen aller bestehenden Möglichkeiten“ eine Schwächung des kommunistischen Systems erreicht werden, indem man den oppositionellen Intel- lektuellen materiell und immateriell Unterstützung zukommen lasse: „Denn gera- de vom Geistigen her gibt es ungeheure Möglichkeiten, auf die hohe Anzahl der Nichtkonformisten im Osten, und damit auf Menschen mit erheblicher Strah- lungskraft, im Sinne der Liberalität einzuwirken.“388 So kann Kraus nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ durchaus auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken, was diese Bestrebungen betrifft: „Aus den kom- munistischen Staaten konnte ich doch durch Hartnäckigkeit und fallweise auch durch die Gunst vorübergehender liberaler Phasen wichtige Persönlichkeiten 385 Wolfgang Kraus: Östliches Panorama, breit aufgerollt. In: Wiener Zeitung. 16.  Juni 1961; Der Tag [Berlin], 4.  Juni 1961. 386 Erich Fried an Wolfgang Kraus, 27.  August 1963, NL WK. 387 Endre Kiss: Über den Charme des Homo Aestheticus in einer Welt des eisernen Vorhanges. In: Bassola, ders. (Hg.): Literatur als Brücke zwischen Ost und West, S. 26–39, hier S. 33  f. 388 Wolfgang Kraus: Der geistige Schauplatz. Kulturelle Beobachtungen zwischen Ost und West, August 1961, ms. Ts., NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 185
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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