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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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mit der Note Eins gewonnen haben. Keiner wird je unsere unsterblichen Schi- siege bei der Olympiade […] vergessen.“123 Eventuell war Kraus die literarische Zitate- und Montagetechnik der späteren Nobelpreisträgerin zu destruktiv und die totale Negation, zu der sich Jelineks Werk bekennt, vernachlässigbar. Bezüg- lich dieser Autorin, so ist festzuhalten, hat er sich hinsichtlich der gesellschafts- politischen Relevanz des Werkes getäuscht, wobei er jedoch nicht der einzige österreichische Literaturbetriebsfunktionär war, zählte Jelinek doch zu den am „meisten angefeindeten Autorinnen des Landes“,124 da sie Patriarchat, Kapitalis- mus, Faschismus sowie den bürgerlich-christlichen Humanismus verabscheut. Sogar anlässlich der Verleihung des Nobelpreises für Literatur 2004 wurde sie vom „Osservatore Romano“, der Zeitung des Vatikans, als Exponentin des Nihi- lismus denunziert, vor dem die Leserinnen und Leser zu schützen seien.125 Kraus ließ sich in seiner Perspektive auf die Literatur von einem fixen Instru- mentarium von ideengeschichtlichen, ideologischen und ästhetischen Prämis- sen leiten, darunter ein antitotalitärer Gestus, der um den Dialog mit den östli- chen Nachbarn bemüht war, insofern sich diese in sein rückwärtsgewandtes Konzept eines österreichischen Kulturraumes eingliedern ließen, einem stets als Unterströmung präsenten Katholizismus sowie einem Skeptizismus gegenüber ästhetisch nuancierten Schreibweisen, denen er, im Gegensatz zu traditionalis- tischen Schreibweisen, eher wenig Bedeutung zumaß. Diese Elemente seines Habitus sind jedoch im Wesentlichen dem großen Konzept der kulturgeschicht- lichen Strömungen, die sich noch aus der Habsburger Monarchie ableiten, unter- geordnet. Im Beharren auf diesen verinnerlichten Werten, die für Kraus bezüg- lich der Literatur unabdingbar waren und der dagegen geduldig tolerierenden bis abwertenden Haltung experimentellen Schreibweisen gegenüber, offenbart sich Kraus als Konservativer, dem es um nichts weniger als die Konstituierung einer Weltliteratur aus dem Kanon des mitteleuropäischen Kulturraumes zu schaffen war. Das nachfolgende Kapitel soll seine Tätigkeit als Literaturkritiker darstellen sowie sein Auswählen und Bewerten in diesem Prozess, um seine Praxis und seinen Umgang mit Literatur näher zu beleuchten. 123 Elfriede Jelinek: Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr. Prosa. Reinbek/H.: Rowohlt 2004, S. 153. 124 Zeyringer, Gollner: Eine Literaturgeschichte, S. 709  f. 125 Vgl. Pia Janke: Debatten und Skandalisierungen. In: Dies. (Hg.): Jelinek-Handbuch. Unter Mit- arbeit von Christian Schenkermayr und Agnes Zenker. Stuttgart, Weimar: Metzler 2013, S.  335– 340, hier S. 339. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Avantgarde und Provinzialismus 225
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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