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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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gend. Man legt es weg und denkt dann wohl in ganz anderer Richtung weiter. Ein grausames Buch, tatsächlich, gegenüber dem Kalkwerk ist alles andere eine Idylle.“181 Darüber hinaus organisierte er in Kooperation mit dem italienisch-ös- terreichischen Kulturkreis an der Universität Triest ein erstes Thomas-Bern- hard-Symposion, das vom 27. bis 28.  Jänner 1977 im Teatro Verdi in Triest unter der Leitung von Claudio Magris stattfand. Die Anwesenheit des Autors war hier ein Novum: „Was offenbar in anderen Branchen niemanden verwundert, gilt in der Literaturwissenschaft als unüblich: ein Symposion über das Werk eines Lebendigen, noch dazu in dessen Anwesenheit.“182 Zu den Vortragenden zähl- ten Literaturwissenschaftler und Germanisten, darunter Alfred Focke SJ, Sigurd Paul Scheichl, Renato Saviane, Hilde Spiel, Herbert Gamper sowie Wendelin Schmidt-Dengler, der die Frage beantwortete, warum Bernhard sogar im Aus- land ein Symposion gewidmet wurde: „Bernhards Texte […] ‚führen so wie nur wenige andere nahe an die Frage nach der Möglichkeit, moderne Literatur zu interpretieren, heran.‘“183 Focke, so Hilde Spiel in ihrer Besprechung des Sym- posions, dominierte mit seinen Überlegungen, da er versuchte, Bernhards Werk „dem totalen Nihilismus zu entreißen“ und neben der Analyse von Einzelwer- ken „wandte man sich der heikelsten Thematik der Tagung, Bernhards Mangel an Sozialbewußtsein“ zu, wobei Scheichl dem Autor eine „permanente Rhetorik der Aggression“ und „Provokation als Selbstzweck“184 vorwarf. Mit Bernhard führte Kraus zwar ein „gutes, von großer Sympathie bestimmtes Gespräch“, über „viele Jahre hinweg“,185 jedoch konnte er sich mit dessen Spätwerk nicht mehr richtig anfreunden. Eventuell verzieh er ihm die Polemik in der „Zeit“ gegen Elias Canetti nicht, in der Bernhard diesen als „Schmalkant und Klein- schopenhauer“186 bezeichnet hatte. Als Bernhards Skandalroman Holzfällen (1984), in dem er seinen ehemaligen Förderer, den Komponisten und Schriftsteller Ger- hard Lampersberg in der Figur des Auersberger literarisch verewigte sowie einige Akteure des Literaturbetriebs kaum verfremdet auftreten ließ, hielt Kraus für sich selbst fest, dass das „Buch bei stärker veränderten Namen ebenso gut“ gewesen wäre: „Man erfährt viel über die Künstlergesellschaft in Wien, an der ich immer vorbeigelebt habe – mit Absicht“.187 An Peter Handke schrieb er anlässlich der Lektüre von Auslöschung (1986), dass Bernhard sich „dem Effekt, der in der Des- 181 Ders.: Mord im Kalkwerk als Symbol für das Heute. In: Kölnische Rundschau, 18.  November 1970. 182 Hans Haider: Betroffenheit beim Reden über einen Betroffenen. In: Die Presse, 1.  Februar 1977. 183 Ebd. 184 Hilde Spiel: Ein Autor inmitten seiner Interpreten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.  Feb- ruar 1977. 185 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 26.  Jänner 1976, NL WK. 186 Thomas Bernhard: Leserbrief. In: Die Zeit, 27.  Februar 1976. 187 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 6.  September 1984, NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 238 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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