Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Seite - 274 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 274 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

Bild der Seite - 274 -

Bild der Seite - 274 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

Text der Seite - 274 -

Sehr geehrter Herr Bundesminister, am 27.  November werden Sie den Manès Sper- ber-Preis 1987 an Claudio Magris vergeben. Die Jury hat Oswald Wiener vorge- schlagen. Nach den Statuten des Manès-Sperber-Preises hat die Jury das ausschließ- liche Vorschlagsrecht. Schon am 23.  Jänner 1987 hatte sie ihr Votum für Oswald Wiener abgegeben. Wie wir heute, am 16.  November 1987, aus dem zufällig in die Hände gelangten Programm des Manès-Sperber-Symposiums ersehen, haben Sie sich über das Votum der Jury hinweggesetzt. Wir sehen in dieser Vorgangsweise einen politischen Willkürakt und legen unter Protest unsere Funktion als Juroren zurück.351 In „profil“, das über die Vorgänge hinter den Kulissen berichtet hatte,352 erfolgte eine publizistische Fehde zwischen Kraus, der von Emil Brix, der zwischen 1986 und 1989 das Büro des Wissenschaftsministeriums leitete, Rückendeckung erhielt und den düpierten Juroren Löcker und Burger. So führte Burger polemisch gegen Kraus’ Wirken in dieser Causa an, dass das „anthropologische Ideal des Landes […] der Großmaturant“ sei, „der den [Erwin] Ringel für ein Genie und den Wolfgang Kraus für einen Intellektuellen hält.“353 Dem „besinnlichen Werk“ von Magris könnte, so spottete Burger, „jede staatlich geprüfte Lehrerkommission, die Wolfgang Kraus zum Vorsitz hat, bedenkenlos das Prädikat ‚wertvoll‘ verlei- hen.“354 Über den „Gastkommentar“ von Burger wollte sich Kraus „nicht erre- gen“, dennoch hatte er „eine solch organisierte Aktion nicht vorausgesehen“.355 Kraus, der in seinem Tagebuch festhielt, dass der „Haß auf mich […] sich mit meinen Erfolgen“356 vermehre, nahm in Leserbriefen zum Sachverhalt Stellung, schmetterte die Kritik jedoch weitgehend ab und argumentierte, dass eine „Drei- erjury insoweit ein Problem“ sei, als „zwei Juroren, besonders, wenn sie immer einer Meinung sind, den dritten stets überstimmen“ könnten und versuchte Bur- ger den „schwarzen Peter“ zuzuschieben: „Schließlich möchte ich die Öffent- lichkeit darüber informieren, daß Dr.  Rudolf Burger Ministerialrat und Abtei- lungsleiter pikanterweise des Wissenschaftsministeriums ist; er ist verantwortlich 351 N.  N.: Manès-Sperber-Staatspreis: Jurorenrücktritt. In: Volksstimme, 20.  November 1987, S. 9. 352 Vgl. Sigrid Löffler: Geschobene Geschichte? In: profil, 23.  November 1987, S. 96–98. Löffler zitiert Emil Brix, der über die Entscheidung des Ministers folgendes verlautbaren ließ: „Es wur- den zwei Kandidaten favorisiert und an den Minister herangetragen. Zwar stand es 2  :  1 für Oswald Wiener, aber er hat doch mit Sperber überhaupt nix zu tun: Magris hingegen steht Sperber sehr nahe und ist ihm und seinem Werk sehr verbunden. Jury-Voten können für einen Minister nicht bindend sein. Da muß es doch Abweichungen geben können.“ 353 Rudolf Burger: Eine Art anderer. Warum Oswald Wiener keinen Staatspreis bekommen darf. In: profil, Nr. 48, 30.  November 1987, S. 100  f., hier S. 101. 354 Ebd. 355 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 3.  Dezember 1987, NL WK. 356 Ders.: Tagebuch, 25.  November 1987, ebd. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 274 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
zurück zum  Buch Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945"
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945