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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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schen allein entschieden werden kann“.411 Der Einspruch ging insbesondere von Ernst Jandl aus, der die GAV nach außen vertrat und von dieser Aktion erst nach- träglich verständigt wurde. Jandl, erstmals 1966 gemeinsam mit Friederike May- röcker in der ÖGL aufgetreten (vgl. Kapitel 3.2), war Kraus graduell freundschaft- lich verbunden. Davon zeugt u. a. ein Brief von Jandl, in dem er sich bei Kraus für die Befürwortung eines Stipendiums beim Bundesministerium für Unterricht bedankt,412 sowie eine Ansichtskarte vom November 1981, in der sich Jandl für das Zustandekommen einer Frankreichreise bedankte.413 Franz Schuh hat retros- pektiv konstatierte, dass Jandl eine „ausgeprägte Fähigkeit für Trennungen“ gehabt habe und es verstanden habe, den „Schriftsteller, seine Kunst, von der realpoli- tischen Sphäre“414 zu trennen. Dies war auch Kraus aufgefallen, der Jandl nicht ausschließlich wegen seiner sprachexperimentellen Texte schätzte und in seinem Tagebuch festhielt, dass Jandls „pedantische beamtische Art […] seinen experi- mentellen und anarchistischen Sprachideen“ widerspreche und er in „seiner Arbeit offener, reicher, inhaltlicher“415 sein könne. Der GAV-Protest löste sich rasch auf. Kraus’ Tagebuch kann man entnehmen, dass sowohl der GAV-Vizepräsident Heimrad Bäcker, als auch deren Präsident Jandl sich „telefonisch vom Protest dieser Vereinigung gegen mich“ entschuldigt hätten: „Ein Exekutivkomitee, das für Notfälle selbständig handeln darf, habe gegen mich statt gegen die Verurteilung V[á]clav Havels protestiert.“416 Die „Affaire Kraus“ sollte die GAV jedoch noch beschäftigen. Franz Schuh dankte am 1.  Juli 1980 als Generalsekretär der GAV ab und Jandl brachte, wie man einem Protokoll der Vorstandssitzung vom 17.  Jänner 1981 entnehmen kann, einen Antrag auf Abschaffung des GAV-Exekutivkomitees ein und, „um sicherzustellen, daß der in Wien weilende Vizepräsident an allen Aktivitäten des Ex[ekutiv].Kom[itees]. beteiligt wird“417, trat er dem Komitee bei. Auch hier findet man die, in Anlehnung an Schuh bereits erwähnte „Ungleich- zeitigkeit“ im Literaturbetrieb der 1970er Jahre wieder: Der Konflikt zwischen einer „harten“ Linie in der GAV, die, ohne dabei zunächst Erfolge zu erzielen, darauf aus war, bestimmte Persönlichkeiten im Kulturbetrieb zu ersetzen und einer Haltung, die auf Kooperation und schrittweise Reformen setzte. 411 Franz Schuh: Mitteilung für Vorstandsmitglieder, o.  D., GAV-Archiv, 314/S3/1-6, Mappe 314/53/2. 412 Ernst Jandl an Wolfgang Kraus, 14.  März 1965, ÖGL-Archiv. 413 Ders. an Wolfgang Kraus, 27.  November 1981, NL WK: „Lieber Wolfgang, unsere Frankreichrei- se, für deren Zustandekommen wir Ihnen so viel Dank schulden, wurde schon zu Beginn gekrönt durch das Zusammentreffen mit E.  M. Cioran.“ [Hervorhebung im Original.] 414 Schuh: Alleingang und sozialer Sinn, S. 121. 415 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 21.  August 1977, NL WK. 416 Ders.: Tagebuch, 6.  November 1979, NL WK. 417 Protokoll der Vorstandssitzung vom 17.  Jänner 1981, GAV-Archiv, Sign.: 314/S3/4, S. 3. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 286 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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