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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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nierte. Kraus dürfte bereits früh ein aufmerksamer Beobachter der staatlichen Kulturpolitik oder zumindest gut darüber informiert gewesen sein, welche kul- turpolitischen Konzepte gerade im Trend lagen. Seit den 1950er Jahren setzte er sich als Publizist in Artikeln und Feuilletons mit diesem Themenkomplex aus- einander, einerseits auf der Ebene der Literaturpolitik, andererseits auf der Ebe- ne der Auslandskulturpolitik. So berichtete Kraus in einer Glosse aus dem Jahr 1956, dass die Literatur in kulturpolitischer Hinsicht „augenblicklich zu den Wiener Stiefkindern“ zähle und „sich auf ein paar in der Stille wirkende Männer zurückgezogen [habe], von denen die Öffentlichkeit nicht allzu viel Notiz“57 nehme. Er moniert, dass die Wiener Kaffeehäuser nicht mehr von „hochlitera- rischen Diskussion widerhallen, wie einst zur Zeit von Karl Kraus und Stefan Zweig“ und die Autorinnen und Autoren entweder abgewandert seien oder sie „sitzen daheim und ergehen sich in trüben Gedanken“.58 Seine Vorstellungen dürften mit der Kulturpolitik Heinrich Drimmels nicht vollkommen kongruent gewesen sein, denn 1958 warf er dem „Wiener Kulturministerium ebenso wie der Außenpolitik am Ballhausplatz“ vor, sie scheue sich, mit „publizistischer Propaganda zu arbeiten“ und setze „alles auf Gespräche hinter vier Wänden“. Kraus’ Vorschlag war, die Position der „neugewonnenen Neutralität im Rahmen eines großen Konzepts“ als kulturpolitischen Motor zu nutzen: „Man hat sich im Unterrichtsministerium eine sehr österreichische Praktik zurechtgelegt – man will im Osten für die westliche Welt Terrain gewinnen. Bundeskanzler Raab sprach eben jetzt von einer ‚missionarischen Aufgabe‘, die Österreich nun zu erfüllen habe. Und demgemäß arbeitet man ebenso still wie unermüdlich, um die geistige Ausstrahlung nach Österreich nachdrücklich zu steigern.“59 Um 1967, also knapp zehn Jahre später, sah Kraus, zu dieser Zeit bereits mit der ÖGL bestimmten kulturpolitischen Leitlinien folgend, die österreichische Kulturpo- litik vor dem „ungeheuren Problem“ stehen, „in und mit dem heutigen Sieben- millionenstaat dem Anspruch eines einstigen Großstaates gerecht zu werden“, wobei er darauf hinwies, dass die Regierung versuche, im „Eisernen Vorhang“ „Türen zu öffnen, wo dies am leichtesten möglich war: man öffnete sie mit dem Schlüssel von Kunst und Kultur“.60 Diesem Konzept, dem eine durchaus kom- pensatorische Qualität inhärent war, die den Zerfall der Donaumonarchie mit kulturellen Mitteln kompensieren sollte, sollte Kraus als Leitfaden seiner kul- turpolitischen Ambitionen dienen (vgl. dazu auch Kapitel 4.1.1). 20.  Jahrhundert. Wien: Carl Ueberreuter 1994, S. 454. 57 Wolfgang Kraus: Frühling in Wien, April 1956, ms. Ts., NL WK. 58 Ebd. 59 Wolfgang Kraus: Kultur im Aufbruch. Österreich aktiviert seine Kulturpolitik. In: Südwest-Pres- se, 12.  Juli 1958. 60 Ders.: Kunst des Regierens und die Künste. Akzente der Kulturpolitik in Österreich, dat. 1967, ms. Ts., NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 310 Kontaktperson, Vermittler, Dolmetscher
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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