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terien gegenüber, vor allem durch die persönlichen Kontakte des Leiters ganz
unkonventionell geschehen.“129 Kraus’ Konzept schloss sämtliche Sparten des
kulturellen Lebens, ebenso die Geisteswissenschaften, mit ein und sollte für die
Kulturinstitute und Kulturräte durch die „Kontaktstelle“ unmittelbar zugänglich
gemacht werden. Sein Büro verstand Kraus als „verlängerte[n], sehr beweglicher
Arm der Auslandsstellen im Inland“.130
Die zweite wichtige Funktion der „Kontaktstelle“ betraf die Vorauswahl der-
jenigen Künstlerinnen und Künstler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
bzw. Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die „für den Einsatz im Ausland“
geeignet erschienen: „Psychologie, Verhaltensforschung, Zukunftsforschung,
Anthropologie, Soziologie sind an wichtiger Stelle einzubeziehen. Ein enger
Kontakt mit den Universitäten, bzw. deren Lehrpersönlichkeiten, und dem Wis-
senschaftsministerium ist selbstverständlich. Die Ergebnisse dieser Inventarar-
beit können in Memoranden, Namenslisten, Karteien festgehalten werden“131,
wobei Kraus eine genaue Einteilung nach „Einsatzgebieten“ im Ausland vorneh-
men wollte. Den einzelnen österreichischen Kulturinstituten im Ausland sollten
Vorschläge für „kulturelle Aktivitäten“ gemacht werden: „Es können Vortragen-
de angeworben werden, mitunter kleine Teams (zwei Autoren, ein Autor – ein
einleitender Kritiker), kleine Ausstellungen, Besetzungen für Diskussionen mit
ausländischen Partnern, für kleine Symposien, für die Einladungen von öster-
reichischen Persönlichkeiten, die im Ausland in entsprechenden Kreisen prä-
sentiert werden können.“132
Kraus, der „fast alle Schauplätze der Kulturinstitute sehr gut und seit über
zwanzig Jahren“ kannte, wollte komplementär zu diesen Aktivitäten auch eine
„kulturelle Strategie“ vor Ort festgelegen, die neben seinen „unzählige[n] Freun-
de[n]“ auch Botschafter sowie den Presserat miteinbeziehen sollte. Kraus gab
abschließend jedoch zu bedenken, dass „ein solches Unternehmen, wenn etwas
daraus werden soll, von mir und den Mitarbeitern mit sehr energischem Ein-
satz, Agilität und Phantasie durchgeführt werden muß, also viel Kraft und per-
sönliches Engagement verlangt“.133 Er betonte den engen Kontakt zum Sekti-
onsleiter im Ministerium, mit dem alle von der „Kontaktstelle“ ausgehenden
Aktivitäten genau abgesprochen werden sollten.
Am 15. Juni 1975 schloss Kraus einen „Sondervertrag“ mit dem Bundesmi-
nisterium für Auswärtige Angelegenheiten ab, der Beginn seines Dienstverhält-
129 Ebd.
130 Ebd.
131 Ebd.
132 Ebd.
133 Ebd.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Kulturkontaktstelle 325
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437