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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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die Deutschnationalen kein warmes Plätzchen, direkt neben dem warmen Ofen finden, in den sie immer noch gerne ein paar Juden (gäbe es sie noch) oder ‚Nest- beschmutzer‘ wie Thomas Bernhard oder Peter Turrini stopfen würden, wenn sie könnten, so wird ihnen in ihren gut mit Posten und Pöstchen gepolsterten Nischen bestimmt niemand das Maul stopften, wenn sie von dort herauskläffen, sei es als ‚Opposition‘, sei es als Mitglied eines sogenannten ‚Bürgerblocks‘.245 Jelineks vehemente Österreich-Kritik hatte auch deswegen für Aufsehen gesorgt, weil sie sich in ihrer Dankesrede bei der Entgegennahme des Heinrich-Böll-Prei- ses in Köln im Dezember 1986 über touristische Klischees lustig machte und faschistische Tendenzen in der österreichischen Gesellschaft diagnostizierte: „What was particularly uncomfortable for Austrian public opinion was the fact that Jelinek was making her unflattering remarks about the Second Republic abroad and in Germany of all places.“246 Die „Arbeiter-Zeitung“ hatte unter dem Titel „Europalia oder Euro-Lappalie“ ebenfalls festgestellt, dass „unbequeme Autoren“ fehlen würden: Läßt sich also, flapsig formuliert, ein Flop der herbstlichen Ausstellung der Kom- promisse vorhersagen? Nehmen wir nur einmal die Literatur her! Da kann Wolf- gang Kraus, Leiter der Gesellschaft für Literatur, und detto Konsulent der ‚Euro- palia‘, zwar auf klingende Veranstaltungen hinweisen: darunter Kafka-, Kraus-, Zweig-, Handke-, Maeterlinck-, und Jean-Am[é]ry-Symposien sowie Lesungen der Wiener Avantgarde. Doch haftet Kraus innerhalb der medialen Berichterstattung der Ruch an, mehr als verhinderndes denn als verbindendes Glied zwischen Wien und Brüssel fungiert zu haben. Unbequemere Autoren, wie etwa Gerhard Roth oder Elfriede Jelinek, werden nicht lesen.247 Kraus rechtfertigte sich gegenüber diesen Vorwürfen, dass man nicht vergessen dürfe, dass er „‚die Literaturpolitik, die in unserem Land ganz von Rudolf Henz – katholisch – bestimmt war, geöffnet‘“ habe, obwohl er nicht vergaß zu erwäh- nen: „‚Ich schlittere da jetzt in ein Klischee hinein.‘“248 Im Urteil von „profil“ war die „Europalia“ schlussendlich „ein Sammelsurium aus offizieller Repräsen- tanz, offiziösen Interventionen und allerlei Sonderwünschen und Sonderrück- sichten“.249 245 Elfriede Jelinek: Freuen Sie sich darauf. In: Der Streit, Nr. 32, März 1987, S. 25. 246 Anthony Bushell: Polemical Austria. The Rhetorics of National Identity: From Empire to the Second Republic. Cardiff: University of Wales Press 2013, S. 245. 247 N.  N.: Europalia oder Euro-Lappalie, S. 17. 248 Ebd. 249 Christoph, Löffler: Geschossene Böcke, S. 53. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 „Europalia 1988“ 351
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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