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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL46
Zu diesem Zweck werde ich teils an Studien anknüpfen, die sich mit Erfah-
rungen faktischer (also nicht-computervermittelter) physischer Gewalt beschäfti-
gen.140 Vergleiche zwischen physischer Gewalt und Computerspielgewalt können
natürlich nur mit größter Vorsicht (und nicht im Hinblick auf mögliche Gewalt-
wirkungen) angestellt werden. Sie sind aber hilfreich, um die mit physischer Ge-
walt verknüpften Bedeutungen zu erfassen, die in den spielerischen Umgang mit
den computervermittelten Repräsentationen dieser Gewalt einfließen.
Je näher man Vergleichen mit faktischer physischer Gewalt rückt, desto wich-
tiger ist eine jenseits individueller Wahrnehmung und Wertungen definierbare
Forschungsgrundlage. Einen Ansatzpunkt für diese liefern die Medienwissen-
schaftler Andreas Jahn-Sudmann und Arne Schröder in einem kurzen Text zur
„Faszination der ludischen Gewalt“.141 Dabei verorten sie die Gewalt in Compu-
terspielen auf einer „symbolischen Ebene“142 und sprechen wie Fritz und Fehr
von einer „Ähnlichkeitsbeziehung“143 zu physischer Gewalt, nehmen dabei aber
zusätzliche Differenzierungen vor. Auf der symbolischen Ebene des Spiels wird
Gewalt erstens dargestellt und zweitens mit dem Programmcode verknüpft, was
die „Simulation gewaltsamer Handlungen“ und damit „einen spielerischen Um-
gang mit einer bestimmten Form der Gewalt“ ermöglicht.144 Zusammengefasst:
„Die ‚gaming situation‘ erzeugt hier in der Verbindung von Regeln, die Gewaltfol-
gen simulieren, mit Symbolen, die Gewalthandlungen repräsentieren, ein spezi-
fisches Phänomen: die ludische Gewalt“.145
In diesem Modell wird das Vorhandensein von Gewalt nicht über die Wahr-
nehmung beziehungsweise Deutung der Spieler bestimmt. Konkret beobachten
lässt sie sich vielmehr auf der „symbolischen Ebene“,146 beziehungsweise – ich
verwende hier einen anderen Begriff – auf Ebene der computervermittelten Re-
präsentation. Der Computer stellt Repräsentationen von Gewalt zur Verfügung,
mit denen die Spieler auf eine bestimmte Art und Weise umgehen können. Da-
mit steht eine empirisch klar fassbare Grundlage für den Untersuchungsgegen-
140 | Vgl. u.a. Heinrich Popitz: Phänomene der Macht. Tübingen 1986; Wolfgang Sofsky:
Traktat über die Gewalt. Frankfurt a.M. 1996; Trutz von Trotha: Zur Soziologie der Gewalt.
In: Ders. (Hg.): Soziologie der Gewalt. Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und
Sozialpsychologie. Köln 1997, S. 9-56; Randall Collins: Violence. A Micro-Sociological
Theory. Princeton/Oxford 2008.
141 | Vgl. Andreas Jahn-Sudmann/Arne Schröder: Überschreitungen im digitalen Spiel.
Zur Faszination der ludischen Gewalt. In: Heinz B. Heller/Angela Krewani/Karl Prümm
(Hg.): Augenblick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft 46 (2010), Sonderheft: „Kil-
lerspiele“. Beiträge zur Ästhetik virtueller Gewalt, S. 18-35, hier: S. 33.
142 | Ebd., S. 29.
143 | Ebd., S. 33.
144 | Ebd.
145 | Ebd., S. 30.
146 | Ebd., S. 29.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364