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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL50 sen, sondern fast immer auf Spiele, in denen physische Gewalt repräsentiert wird. Diese spezielle Bedeutung wird dem Begriff bereits seit Mitte der 1980er-Jahre zugeschrieben. Konkret wird das im ersten Happy Computer Spielesonderheft von 1985, in dem eine damals diskursprägende Gruppe von (männlichen) Jung- journalisten erstmals im deutschsprachigen Raum die zu bewertenden Spiele in Rubriken einteilte. Die Rubrik „Action-Spiele“ wurde mit den Worten eingeleitet: „Wenn die Joysticks knirschen, der Computer glüht und Reaktionen gefragt sind, wird mit Sicherheit kein geruhsames Adventure gespielt – es ist Action-Zeit. Das schöne neudeutsche Wort ‚Action‘ haben wir bei unseren Einteilungen etwas strenger definiert, denn auch bei Geschicklichkeits-Spielen muss man beispielweise mit schneller Hand den Joystick führen, um zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Ein Action-Spiel ist für uns ein Programm, bei dem in erster Linie geschossen wird. Friedfertige Zeitgenossen mögen jetzt nicht zurückschrecken, denn hier handelt es sich nicht automatisch um bluttriefen- de Mord-Simulationen. Wenn der Astronaut bei ‚Drop Zone‘ abstrakte ‚Außerirdische‘ in Form von bunten Figuren abschießt, sollte man das wirklich nicht als übles Brutalo-Spiel verurteilen.“158 Deutlich wird hier, dass der Begriff Action von vornherein als positiv konnotierter Gegenbegriff in den Diskursen um Computerspielgewalt positioniert wird. Der Autor räumt zwar im Anschluss ein, es gebe „Extremfälle“ von Spielen, in denen beispielsweise ein „tödlich Getroffener noch schnell einen Todesschrei röchel[t]“, und solche Spiele habe man ganz bewusst aus dem Heft verbannt, doch „[g]ut gemachte Action- und Schießspiele üben einen fesselnden Reiz aus, dem man sich eine Zeitlang kaum entziehen kann.“159 Der Begriff Action artikuliert den Versuch, diesen als positiv gedeuteten Reiz zu benennen und trotz negativ wer- tender Diskurse akzeptabel zu machen. Und in dieser Funktion erhält er sich bis heute. Regelmäßig ist in Multiplayer-Games genau wie in Let’s Play-Videos von „Action“ die Rede, wenn Computerspielgewalt gemeint ist. In einem informellen Gespräch bringt der Spieler Tommy deren Vergleichbarkeit auf den Punkt: „Für mich ist die Gewalt eine Verpackung, Action halt!“, erklärt er. (FT) Beide Begriffe sind hier prinzipiell austauschbar, doch „Action“ betont die positive Perspektive der Spieler auf die entsprechenden Spielprozesse. Analytisch präziser ist aber der Begriff Gewalt. Es bleibt die Frage, ab wann genau die Repräsentation eines computervermittelten Bewegungsablaufs als Re- präsentation physischer Gewalt gelten kann. Besonders deutlich wird dieses Pro- blem, wenn man sich die Actionspiele der frühen 1980er-Jahre vor Augen hält. Dass beispielsweise die abstrakten Symbole im Spiel Room of Doom von 1983 ge- fährliche „Monster“ und „unbarmherzige Scharfschützen“ darstellen sollen, „die 158 | Heinrich Lenhardt: Action-Spiele. In: Happy Computer Spielesonderheft 1 (1985), S. 41. http://www.kultpower.de/archiv/heft_happycomputer_spielesonderheft-1_seite41 159 | Ebd.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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