Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Page - 114 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 114 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

Image of the Page - 114 -

Image of the Page - 114 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

Text of the Page - 114 -

GEWALT IM COMPUTERSPIEL112 der Wahrnehmung, sondern sie setzen menschliche Akteure zugleich in einen veränderten Tätigkeitszusammenhang zu ihrer Umwelt. Gerade durch die gleichzeitige Erweiterung von „perceptual“ und „motor skills“ schafft Technik veränderte Möglichkeiten für emotionale Erfahrungen. Das als angenehm empfundene Autofahren, Snowboarden, Drachensteigen, Pa- ragliding, 3D-Kino oder eben Computerspielen sind Beispiele für Vergnügungstä- tigkeiten, die auf embodiment relations mit technischen Artefakten basieren. Com- puterspiele – vor allem die in dieser Arbeit behandelten 3D-Actionspiele – bieten dabei besonders komplexe Konstellationen. Denn hier wird nicht nur eine embo- diment relation aufgebaut, bei der ein menschlicher Akteur durch ein technisches Artefakt in einen veränderten Wahrnehmungs- und Tätigkeitszusammenhang zu seiner Umwelt gesetzt wird. Stattdessen wird innerhalb des technischen Arte- fakts (des Computers) ein virtueller Körper simuliert, mit dem ein menschlicher Akteur eine embodiment relation eingehen kann, um durch ihn einen Wahrneh- mungs- und Tätigkeitszusammenhang zu einer virtuellen Umwelt aufbauen zu können. Diese virtuellen Körper werden unter anderem Avatare genannt. Der Begriff stammt aus dem Sanskrit, wo er vereinfacht gesprochen den Abstieg einer Gott- heit auf die Erde bezeichnet.72 Die Spieler selbst sprechen allerdings selten von Avataren. Zwar ist der Begriff geläufig, doch er entstammt weniger dem Feld als vielmehr dem wissenschaftlichen und mitunter auch journalistischen Diskurs. Ich verwende ihn dementsprechend nicht als feldspezifischen, sondern als ana- lytischen Begriff. Avatare als virtuelle Körper zu bezeichnen folgt der in Kap. 2.2.3 vorgeschlage- nen Konzeptualisierung des Virtualitätsbegriffs. Als virtuell wird der Avatarkör- per nicht nur bezeichnet, weil er computervermittelt ist, sondern weil seine viel- fältigen Funktionen primär auf Ähnlichkeitsbeziehungen zu physischen Körpern und deren Eigenschaften aufbauen. Auch virtuelle Körper sind keine gegebenen Objekte, sondern konstituieren sich erst, indem sich Spieler auf das Deutungs- angebot, dass es sich bei dieser Repräsentation um einen Körper handelt, einlas- sen und ihn entsprechend nutzen, ihn bewegen, mit ihm laufen, springen, sich ducken, kriechen, sich umsehen, sich anderen computervermittelten Körpern nähern oder durch ihn andere Körper töten. Das heißt, jenseits der Spielpraxis sind virtuelle Körper nicht als solche existent. Die Praxis konstituiert aber nicht nur den Avatarkörper, sondern zugleich wird der Avatar zum Medium dieser Pra- xis. Im Hinblick auf ethnografische Ansätze hat Gertraud Koch bereits 2009 die Funktionen dieser Verkörperungen diskutiert:73 72 | Vgl. u.a. Benjamin Jörissen: The Body is the Message. Avatare als visuelle Artikula- tionen, soziale Aktanten und hybride Akteure. In: Paragrama 17 (2008), H. 1, S. 277-295. 73 | Vgl. Gertraud Koch: Second Life – ein zweites Leben? Alltag und Alltägliches einer virtuellen Welt. In: Zeitschrift für Volkskunde 105 (2009), S. 215-232; vgl. auch Gertraud Koch/Nina Ritzi-Messner: (In-) Transparenz telematischer Kommunikationsinfrastruktu-
back to the  book Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens"
Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Gewalt im Computerspiel