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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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VIRTUELL-KÖRPERLICH 117 Das wird nicht nur dann deutlich, wenn BeobachterInnen das Spiel kom- mentieren, sondern auch, wenn sich solo spielende Let’s Player über gelungene Spielaktionen freuen, die sie (ganz selbstverständlich) als ihre eigene körperliche Leistung darstellen. In Shootern betonen sie beispielsweise Reaktionsschnellig- keit und Präzision – dabei verschmilzt auf der Sprachebene das Tun des Avatars mit der eigenen Leistung des Steuerns dieses virtuellen Körpers. So wird der Let’s Player Hardi im Horror-Shooter Dead Space 3 beispielsweise mitten im Gefecht von einem besonders schnellen Monster überrascht. Um es effektiv bekämpfen zu können, muss man es mit einem Spezialschuss verlangsamen. Im Bruchteil einer Sekunde reagiert Hardi auf das hervorspringende Monster, trifft es mit seinem Spezialschuss und jagt ihm ein paar Schüsse aus seiner anderen Waffe hinterher. „Woooou!“, ruft er. „Da hab ich aber gut reagiert. Leck mir die Eier!“91 Die Facecam, die er bei diesem Spiel mitlaufen lässt, zeigt ihn dabei erst mit kon- zentriertem Gesichtsausdruck, dann den Überraschungsschrei ausstoßend, und schließlich auf sanfte Weise lächelnd. Ganz ähnlich lächelt er in einer anderen Situation, als er mit seinem Avatar auf einem fahrenden Zug einen plötzlich aus der Deckung springenden Gegner mit einem reaktionsschnellen Kopfschuss tötet und sich freut: „Boah dem hab ich ja voll den Headder [Headshot, C.B.] gegeben! Geile Schnitte Junge, geile Schnitte.“92 Seit Ende der 1990er-Jahre sind die Gegner in Actionspielen meist in ver- schiedene Trefferbereiche aufgeteilt, wobei ein Treffer in den Kopf fast immer der schwierigste und zugleich effektivste ist. Dementsprechend sind Kommentare wie „Kopfschuss!“, „Headshot!“ oder „One-Shot!“ genauso knappe wie regelmäßig vorkommende Hinweise auf die Gekonntheit der eigenen virtuell-körperlichen Bewegung, sowohl in Let’s Play-Videos als auch in den Sprachkanälen von Mul- tiplayer-Games. Manche Vielspieler von kompetitiven Multiplayer-Games stellen sogar spezielle Videos her, in denen herausragende Headshots und andere als elegant und gekonnt verstandene Spielaktionen präsentiert werden. Im Rahmen einer LAN-Party zeigte mir beispielsweise der Spieler Skilly mit zurückhalten- dem Stolz einen Zusammenschnitt seiner besten Spielaktionen im Multiplayer- Ego-Shooter Wolfenstein: Enemy Territory, den er mehrere Jahre auf einem als hoch geltenden Niveau gespielt hatte. In dem von einem professionellen Cutter zusammengeschnittenen und mit Musik unterlegten Video „geht er voll ab“, wie er mir versicherte. (FT) Das Video zeigte ihn mit seinem Avatar elegant durch ver- schachtelte Gebäude flitzen, gewagte Sprünge vollführen und dabei mit präzisen 91 | Pietsmiet (Hardi): Let’s Play Dead Space 3 #025 [Deutsch] [HD] - Zurückgelassen (4.3.2013), 16:05-16:15. https://www.youtube.com/embed/4U3GsWPDZzc?start=965& end=980 92 | Pietsmiet (Hardi): Let’s Play Dead Space 3 #001 [Deutsch] [HD] - Neustart und Ver- gleich (7.2.2013), 34:50-35:10. https://www.youtube.com/embed/FjT8BkHklVE?start=2 090&end=2110
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Title
Gewalt im Computerspiel
Subtitle
Facetten eines Vergnügens
Author
Christoph Bareither
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
370
Keywords
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Category
Medien

Table of contents

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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